Hier der zweite Teil des Artikels. Teil 1 findet ihr hier.
Als Michael dann nach einer eher erfolglosen Saison als Baseballspieler sein Comeback in die NBA bekannt gab, war dies wie die Rückkehr des verlorenen Sohns oder die Wiedergeburt Christus. Kaum einer sprach jetzt noch über Jordans Spielleidenschaft. MJ feierte auch sofort einen gebührenden Einstand und holte sich mit den Chicago Bulls die vierte Meisterschaft, zwei weitere sollten folgen. Was jedoch kaum jemand wusste war, dass Michael Jordan mittlerweile tatsächlich ein ernsthaftes Glückspielproblem hatte.
Er begann praktisch auf alles zu wetten: Golf, Pferde, Football, ja sogar auf Videospiele mit seinen Teamkollegen. Die Assistenztrainer der Bulls rieten den jungen Spielern zum Beispiel davon ab, mit Jordan zu Pokern, da er durch die viele Übung inzwischen so gut geworden war. Eine amüsante Anekdote aus der Zeit besagt, dass Jordan ganz gerne mit seinen Teamkollegen wettete, wessen Gepäck am Flughafen als erstes am Band erschien. Um bei diesen Spielen einen Vorteil zu haben, bestach er sogar die Gepäckarbeiter. Diese zugegeben ein wenig unfaire Wette illustriert einen wichtigen Charakterzug Jordans, der einem beim Glückspiel ins Verderben führen kann: Er konnte einfach nicht verlieren. Viele Leute sagen von sich selbst, dass sie schlechte Verlierer sind, doch im Falle Jordans bekommt diese Aussage eine ganz neue Bewandtnis. In einem Interview meinte er einmal, dass ihm eine Niederlage fast physische Schmerzen bereitet und er eigentlich nicht einmal seine Kinder gerne bei irgendwas gewinnen lässt. Nun ist so ein Verhalten ja für einen Profisportler eigentlich eine gute Sache, denn es lässt einen härter an sich arbeiten und wirklich alles für einen Sieg geben. Viel von Jordans unglaublichen Erfolg hängt damit zusammen, dass er Niederlagen so sehr hasst. Als die Bulls zum Beispiel Ende der 80iger zweimal gegen die Detroit Pistons in den Playoffs ausschieden und diese speziell Jordan besonders brutal und physisch verteidigten, trainierte MJ den ganzen Sommer danach wie ein Tier. Als er wieder kam, war er härter, schwerer und kräftiger und somit gerüstet für die brutalen Schlachten mit den Pistons. In den nächsten Playoffs lies sich Jordan nicht mehr herumschubsen und die Pistons wurden mit 4:0 abgefertigt.
Auch beim Glückspiel hasste Jordan es zu verlieren und versuchte solange weiter zu spielen, bis er endlich gewann. Um dies zu erreichen erhöhte er unter anderem die Einsätze und versuchte dadurch seine Verluste wieder auszugleichen. Ein typisches Verhaltensmuster eines Spielsüchtigen. Wie viel Jordan wirklich bei diversen Glückspielen verloren hat, weiß wahrscheinlich nicht mal er selbst. Speziell beim Golf sind es wahrscheinlich Millionen. Denn so ein guter Basketballer er auch war, so ein schlechter Golfer ist er scheinbar, was ihn mit Sicherheit zu einem äußerst beliebten Opfer für Golf-Hustler gemacht haben dürfte. Mittlerweile hat Jordan erklärt, dass er seine Glückspielprobleme überwunden hat. In einem Interview bei der bekannten „60 Minutes“ Talk Show räumte er 2005 ein: „“Yeah, I’ve gotten myself into (gambling) situations where I would not walk away and I’ve pushed the envelope. It’s very embarrassing … one of the things you totally regret. So you look at yourself in the mirror and say, ‚I was stupid.‘ „
Michael Jordan ist bei weitem nicht der einzige Ex – Sportler, der eine fatale Liebe zum Glückspiel entwickelt hat. Auch sein NBA Kollege Charles Barkley räumte kürzlich ein, beim Glückspiel bisher wahrscheinlich über 10 Millionen Dollar verloren zu haben. Anders als Jordan sieht dieser jedoch kein Problem dabei, schließlich habe jeder Mensch irgendein Laster und außerdem hat er nach eigener Aussage noch genügend Geld auf der hohen Kante, um weiter zu spielen. Dies ist auch der große Unterschied zwischen Barkley und Jordan. Barkley ist sein Bild in der Öffentlichkeit relativ egal, er lebt sogar von seinem Bad Boy Image. In einer Werbung sagte er einmal sinngemäß: „Ich will kein Vorbild sein. Eltern und Lehrer sind Vorbilder. Ich bin nur ein Basketballer.“ Jordan hingegen war immer der Strahlemann, das Vorbild von Millionen Kindern und Jungendlichen. Alle wollten sie so sein wie er, nicht umsonst wirbt Nike noch heute mit dem Slogan: Be like Mike! für seine Produkte. Wenn so eine Persönlichkeit wie er plötzlich zugeben muss, spielsüchtig zu sein, löst dies einen viel größeren Aufschrei aus.
Doch was lässt so erfolgreiche Sportler in solche Probleme schlittern? Psychologen haben dafür eine recht einfache, aber sehr schlüssig klingende Erklärung parat. Die meisten Spitzensportler stehen während ihrer aktiven Karriere unter einem starken Erfolgsdruck, erleben dafür aber eine schöne Belohnung in Form von Anerkennung und Prestige. Fallen diese zwei Faktoren jedoch weg, beginnen die Probleme. Viele Ex – Sportler berichten, dass es ihnen sehr schwer fällt, ohne den ständigen Wettkampf zu leben, da dieser für lange Zeit ihr Leben bestimmt hat. Daher suchen sie eine Kompensation dafür, die ihnen das Glückspiel bieten kann. Auch Jordan meinte in einem Interview, dass für ihn selbst, seine wirklichen Probleme erst nach seinem zweiten Rücktritt begannen. Dazu kommt noch, dass viele der millionenschweren Stars der amerikanischen Sportindustrie aus eher einfachen Verhältnissen kommen und daher nie wirklich den Umgang mit dem vielen Geld, das ihnen so plötzlich zu Verfügung stand, gelernt haben. Dazu kommen noch die falschen Freunde und zwielichtige Berater und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Im Falle Jordans kann man nur hoffen, dass er rechtzeitig den Absprung geschafft hat und seine Spielsucht überwunden hat.