René Schnitzler: Freundlich, süchtig, ausgenutzt

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René Schnitzler, 25 Jahre alt, Ex-Fußballprofi, ehemaliger U20-Nationalspieler und vielleicht der größte Sündenfall des Deutschen Berufssports. Es geht um Wettbetrug, natürlich, und um Bestechung. Aber auch Spielsucht ist ein Thema. Doch der eigentliche Skandal, der ist dort zu finden, wo er angeblich nicht sein dürfte: Bei denjenigen, die von der Spielsucht Schnitzlers wussten und ihn trotzdem haben weiter  zocken lassen. Im Fokus steht eine Spielbank in Norddeutschland.

2008 soll Schnitzler von einem Mitglied der Wett-Mafia 100.000 Euro angenommen haben. Schnitzler, der zu diesem Zeitpunkt in Diensten des Hamburger Fußball-Zweitligisten St. Pauli stand, sollte als Gegenleistung fünf Spiele seines Teams manipulieren. An dem Ausgang der Partien gegen Augsburg, Rostock, Duisburg und zweimal in Mainz, sollte gedreht werden. Das Geld hätte er genommen, gab Schnitzler gegenüber dem Wochenmagazin STERN zu, die Spiele will er aber nicht manipuliert haben. Damit hätte er Betrüger betrogen. Ob diese Version stimmt oder nicht, dass müssen die Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft ergeben, die 2010 das erste Mal auf Schnitzler aufmerksam wurde. Der packte aus – jetzt ist der Fall René Schnitzler in den Schlagzeilen.

Es geht um Wettbetrug, natürlich, aber auch darum, wie ein junger, erfolgreicher Sportler seine Laufbahn und sein Leben derartig rouinieren konnte. Immer wieder wird davon gesprochen, dass Schnitzler, der bei St. Pauli ein Grundgehalt von 12.000 Euro verdiente, seit Jahren spielsüchtig sei. Sein Geld hätte er bei Sportwetten, Roulette, Black Jack und am Pokertisch verpulvert. Auch Luxus und Leben ließ sich Schnitzler einiges kosten: Weißer Sportwagen, eine Nobel-Wohnung in der Hamburger Hafen-City.

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Der deutsche Pokerpro Florian Langmann erinnerte sich im Gespräch mit Hochgepokert an den Pauli-Kicker. Den lernte er beim virtuellen Cashgame auf Pokerstars kennen, wo Schnitzler mit dem Nick Masterof04 hohe Partien spielte. 2009 traf man sich bei Events der European Poker Tour in San Remo und Monte Carlo. Man verstand sich, war sich sympathisch. Langmann lieh dem Fußballer Geld, einen fünfstelligen Betrag, und sah es nicht wieder. Schnitzler hat das Geld wahrscheinlich verzockt. Auf jeden Fall konnte er seine Schulden nicht zurückzahlen. Geld borgte er sich auch bei vielen anderen Pokerprofis.

Marten Jensen, Coach bei IntelliPoker und Kenner der Hamburger Pokerszene, begegnete René Schnitzler zum ersten Mal im Frühjahr 2009 in einem norddeutschen Casino. „Wir spielten Cashgame, 2/5 No Limit Hold’em“, sagt Jensen, der Schnitzler als freundlichen und lebenslustigen Zeitgenossen beschreibt.

Jensen erkannte Schnitzler sofort: „Ich bin Fan von St.Pauli und wußte natürlich, wer da mit mir am Tisch sitzt.“ Eine angenehme Gesellschaft für den Fußballfan, aber auch eine Überraschung. „Das ein Profifußballer in einem Casino hockt, dass passt nicht in mein Bild von einem Berufssportler“, sagt Jensen. Über den Fußball kam man dennoch beim Poker ins Gespräch. Schnitzler spielte Cashgame und Turniere. Nie besonders hoch, nie besonders teuer. Bei einer Gelegenheit pumpte Schnitzler seinen Poker-Bekannten an. Jensen: „Ein paar hundert Euro, die hat er mir noch am gleichen Abend zurückgegeben.“ Das schaffte vertrauen. Auch deshalb, weil selbst größere Verluste von Schnitzler offenbar leicht zu kompensieren gewesen sind. So soll er zum Beispiel in einer kurzen Session beim Black Jack 5000 Euro liegen gelassen haben. Schnitzler quittierte den Verlust mit einem unauffälligen Lächeln – und pumpte Jensen wenig später wieder an. Bei einer illegalen Cash-Game-Runde in Hamburg hatte er Miese gemacht und angeblich einen Schuldschein unterschrieben. Seinen Personalausweis hätte er als Pfand gegeben. Schnitzler befürchtete, dass die Medien Wind von der Sache bekommen könnten. Deshalb wollte er so schnell wie Möglich die Schulden begleichen. Jensen: „Ein Bekannter hat seine Story bestätigt und ich hab Schnitzler das Geld vorgestreckt.“

Über mehrere Wochen lieh sich der Fußballer rund 5.500 Euro bei Jensen aus. Die Rückzahlung klappte am Anfang reibungslos und ließ dann immer häufiger auf sich warten. Schnitzler reagierte nur zögerlich auf Anrufe oder ging erst gar nicht ans Telefon. 1000 Euro gab es dann doch zurück. Aber nicht von Schnitzler selbst. „Ein Mitglied seines Teams hat mir das Geld damals gegeben“, erinnert sich Jensen. Den Rest sah er nicht wieder. Schnitzler zog aus seiner Wohnung in der Hafen City aus, sein Handy war abgemeldet, er war nicht mehr erreichbar. Jensen: „Da wußte ich, dass ich keinen Cent mehr sehen werde.“

Als das Geld bei Schnitzler noch locker saß, ging er in den Spielbanken ein und aus. Erstaunlich: René Schnitzler soll wegen seiner Spielsucht in den Casinos schon länger gesperrt gewesen sein. Doch er zockte in einer Norddeutschen Spielbank unter den Augen des Personals weiter. Seine Sucht wurde ausgenutzt. Und hier fängt der wirkliche Skandal an …

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