“Who the hell wants to hear actors talk?” Harry M. Warner
Von nichts wirklich was zu verstehen und trotzdem Karriere zu machen, darauf kann man mit Fug, Recht und erhobener Stirn stolz sein. Die Gegenwart falsch deuten, Entwicklungen verschlafen und bei Prognosen für die Zukunft gründlich und konsequent daneben zu liegen, gehört dann zu meinen Sekundärtalenten.
Entdeckt wurde ich in den späten 80ern des verflossenen Jahrtausends. Ein Salzburgen Freund aus dem gar nicht so üblen Nachtgeschäft im Hinterzimmer seines Etablissements. Aus dem kleinen Schrank neben dem gar nicht so kleinen Tresor holte er jenes geheimnisvolle braune Fläschchen mit dem – soweit mich meine Erinnerung nicht trügt – metallenen Schraubverschluss. Ein sauberes Glas und eine halbe Minute später hatte ich meine geschmackliche Unschuld verloren. „Pfui Teufel, was war denn das für ein furchtbares Zeug?“ und mein Freund antwortete „Die Firma heißt Red Bull und die kommen jetzt ganz groß raus und zwar weltweit!“. „Klar die müssen auch auf der ganzen Welt distribuieren, weil dieses Gesöff trinkt garantiert kein Mensch freiwillig ein zweites Mal!“. – Tja, es sollte anders kommen. Wenigstens ich halte mich eisern an meine Prognose. Mir doch egal, was die anderen sechs Milliarden Menschen tun und trinken.
Pokern im Livestream. Auch so ein von mir sträflich unterschätztes Ding. Mich interessieren ja in der Regel nicht mal meine eigenen Hände (und schon gar nicht meine Fehler) – was soll ich da verschwitzten Kollegen von der Ferne zusehen, wie sich die Turnierchips hin und her schieben? Und überhaupt und außerdem, wer zur Hölle sollte das sonst tun, wenn es schon mir nicht gefällt, wo ich eigentlich dankbar für alles sein sollte, was mich ein wenig von meiner aktuellen Pokerform ablenken könnte?
Nun wir haben jetzt Tag Eins nach dem GCOP Hochgepokert.com-Livestream. Der abgefackelte Server glost nach einem Blitzeinsatz der Freiwilligen Feuerwehr nur noch leicht. Die Aschenbecher sind geleert, die Biervorräte im Kühlschrank wurden ergänzt und ich bin bereit für mehr. Irgendwie hat das was auch ohne Matusow und Scotty N. – man kann Daumen drücken wem man will und findet neue virtuelle Freunde, die man bei nächster Gelegenheit im Casino des Vertrauens dann auch noch persönlich ansprechen kann. – Ich mag das (jetzt) und ich will mehr. Möglichst bald, live und in Farbe und wieder so nett und freundlich aufbereitet wie von meinen Kollegen aus der Redaktion.
Intern habe ich gehört, dass wir bald mehr bewegte Bilder liefern werden. Im März gibt es die nächste GCOP im Kings Casino Rozvadov und die EPT Kopenhagen kommt ebenfalls bald. Selbstverständlich habe ich aber auch einen Vorschlag. Deals finde ich gar nicht sexy. Die gehören irgendwie verboten oder man sollte als Zuschauer zumindest ein Mitspracherecht haben. Vielleicht per telefonischer Abstimmung oder so. – Gefallen würde mir auch wenn die Zuseher den langweiligsten Spieler vom Finaltisch wählen dürften. Du bringst keine „action“, du kannst gehen und deine Chips bleiben hier. Wenn sich der Kollege in Abwesenheit dann auf den fünften Platz foldet, soll es mir recht sein. Den hat er dann verdient. – In diesem Sinne, auf ein neues und damit mich meine Rezeptoren nicht zu sehr belästigen, muss ich heute auf YouTube substituieren. Habe da gerade einen brandheißen Clip gefunden. Gus Hansen hat ein Set Fünfer und Daniel Negreanu drei Sechser. Bin mal neugierig, wie das ausgeht.