Rezension Cash Kings – Gunther Sosna und der (Hendon) Mob – Neues aus der Shoutbox

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Rezensionen unter Kollegen sind eine heikle Sache. Man macht sich in der Schärfe wenig Freunde und mit zahmer Langweile langweilt man wiederum den Leser und das gehört erst recht verboten. Unbefangen wollte ich sein und mit der notwendigen Distanz an die Sache herangehen und das ist mir selbstverständlich keineswegs gelungen. Wenig verwunderlich, wenn man irgendwie dazugehört und auch noch stolz ist aus der Ferne dabei zu sein. Hochgepokert.com hat in Deutschland einen medienhistorischen Meilenstein gesetzt. Vergleichbar innovativ wie seinerzeit Hugo Egon Balder mit der Show Tutti Frutti. Nur statt durchsichtigen Kleidchen, undurchsichtigen Spielregeln und dem legendären „Cin Cin Ballett“ gab es bei Cash Kings mitunter zugeknöpfte Pokerpros, klare Spielabläufe und getanzt wurde auch nicht. Dafür aber gezockt, gegambelt und riskiert, als würde der Euro doch schon morgen abgeschafft.

Gemeinsam mit den Anfängen des deutschen Privatfernsehens bleibt dieser flüchtige wunderbare Charme der Improvisation. Den kann man nicht kaufen, der lässt sich nicht inszenieren, den muss man erhaschen und genießen, wenn er sich selten genug mal bietet und man wenigstens als Zuseher dabei sein darf. Da wechseln die Moderatoren im Takt einer Eishockeymannschaft im letzten Drittel. Da zittert das Bild, knattern die Jetons wie kleine Knallkörper zum chinesischen Neujahr und wenn Kollege Gunther Sosna seine sonore Stimme erhebt, krachen meine vom Lastwagen gefallen Boxen mindestens so gefährlich wie beim Basssolo von „Le Freak“ ( „Aaahh Freak out!  – Le Freak, Cést Chick – Freak out!“.

Die Pots sind groß, der Spielstil ist grob und schnell. Da wird schneller bezahlt als gefackelt und wer nicht angstfrei in die Draws geht, wird nur kleiner Sieger bleiben. Ich freue mich auf die nächsten Folgen und ich gewöhne mich an die gruseligen Neuerungen der Technik. Kameras unter den Tischen die durch fettfrei Glasscheiben nach oben auf die Karten filmen, lassen sich von mir verstandesgemäß erfassen. Bei Cash Kings ist das irgendwie anders und doch ein wenig eleganter. Keine Untertischkameras und keine beiläufigen und unvorteilhaften Aufnahmen der Nasenlöcher. Wie durch Hexerei werden die Karten am Bildschirm angezeigt und das wiederum gibt den Moderatoren die Möglichkeit, Spielsituationen zu kommentieren und Prognosen über die weiteren Aktionen zu stellen. Dass sie damit jenseits der eigentlich statistisch verbürgten Trefferquote liegen, gibt der ganzen Sendung diese heitere, unbefangene Note, die ich sonst nur von Aufführungen der Theatergruppe in der Waldorfschule kenne (meine Kinder mögen mir das verzeihen).

Aber bevor ich jetzt doch meinem Vorsatz untreu werde und mich in die Niederungen der kollegialen Bösartigkeiten begebe, wechsle ich in mein liebstes Format und beginne mit der längst fälligen Leserbeschimpfung. Konkret wende ich mich an die User der Hochgepokert.com Shoutbox. Einem schmucken Kästchen stimmig und praktisch neben dem Player platziert. Quasi eine Art Echtzeit-Rezension für den schnellentschlossenen User. Tippe rein was dir in der Sinn kommt und schicke es ab, bevor du es dir wieder anders überlegst. Da war schon einige böse Sachen dabei und ich werfe mich gleich in die Schlacht für meinen geschätzten Kollegen Sosna, der da wahrlich unverdient in die Kritik kam. Besonders erinnerlich ist mir folgender Kommentar: „Hat der Sosna überhaupt einen Hendon Mob Eintrag?“ – Nun hat er nicht. Ich habe extra nochmals nachgesehen. Allerdings absolvierte Marcel Reif auch kein Länderspiel, Heiner Bremer war weder Verteidigungsminister, noch jemals Doktor (besitzt dafür das zweite Staatsexamen) und auch Reinhold Beckmann kann nichts wirklich und trotzdem –  oder gerade deshalb  – mit jedem geistreich parlieren und plaudern. Und Gunther Sosna besitzt dieses Talent auch, das mir der Liebe Gott aus unbegreiflichen Gründen verwehrt hat. Nämlich situativ und rasch zu reagieren auf Ereignisse und darüber zu schreiben, oder in dem Fall zu sprechen.

Aber egal, irgendwie gehört das auch dazu und die Shoutbox ist nun mal Teil der Vorstellung und es lässt sich wohl auch als Zielscheibe der bösen Bemerkungen trefflich existieren und kommentieren. Unsere Server glühen wieder, aber diesmal ohne abzufackeln. Die neuen Lagen Geld und Jetons werde wohl pünktlich zum Tisch geliefert und ich werde auch gestellt sein mit den obligaten Chips und der ökologisch bedenklichen Dose Bier (vielleicht hole ich mir in einer Spielpause noch ein zweites). Ich hoffe auf viele weitere Sendungen von Cash Kings und ich hoffe auf den ubiquitären Erfindergeist der weiten Pokerwelt. Irgendwo da draußen wird ein genialer Kopf die klapperfreien Jetons entwickeln. Vielleicht aus recyceltem Hartgummi ehemaliger Formel-1 Reifen. Dann wird man den Table-Talk genießen können und die Sendung ist perfekt. – Obwohl, perfekte Sendungen gibt es ja schon genug. Lassen wir Hochgepokert.com Cash Kings wie es ist und genießen wir den Charme der Gründerzeit. Auf ein Neues.

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