Im Erwerbslosen Forum Deutschland (EFD) geht es hoch her, nach dem das Landgericht Köln einer Einstweiligen Verfügung des Sportwettenanbieters Tipico gegen die Westdeutsche Lotterie GmbH (Westlotto) stattgegeben hat. Westlotto darf ab sofort keine Sportwetten mehr an Empfänger von Hartz IV verkaufen. Überschriften wie „Kein Lotto für Hartz-IV-Empfänger“ oder „Lotto-Spiel bei Hartz IV verboten“ sorgen für Verwirrung und treiben Geringverdiener, Empfänger von Hartz IV und Arbeitslose auf die Barrikaden. Sie fühlen sich mit Vorurteilen konfrontiert und diskriminiert.
Mit dem Satz „Ich habe Westlotto gespielt und bin Hartz IV“ werden Empfänger von Hartz IV ermuntert, sich im EFD als Lottospieler zu outen. Eine Diskussion findet noch nicht statt. Vielleicht ist die auch gar nicht nötig.
Denn nimmt man es genau, geht es gar nicht um eine Ausgrenzung, einen Gängelung oder gar den Schutz von Geringverdienern oder Hartz-IV-Beziehern vor übermäßigen Spiel. Letzteres wäre sogar nachvollziehbar. Denn Bezieher von Hartz-IV haben eh nichts von einem Gewinn, wenn man sich an einem Urteil des Landessozialgerichts Essen orientiert. Das hatte Anfang des Jahres geurteilt, dass ein Lottogewinn einem Hartz-IV-Bezieher vom Regelsatz abgezogen werden kann. Wie andere Glücksspielgewinne auch, sei ein Lottogewinn als Einkommen zu bewerten, durch das sich die Hilfsbedürftigkeit verringere.
Was soll man davon halten? Gewinne aus Glücksspielen sind in Deutschland steuerfrei, außer, man betreibt das Spiel gewerblich, so, wie es bei den Poker Pros der Fall ist. Ein Bezieher von Hartz-IV, der nun nicht im Verdacht steht ein Gewerbe zu betreiben, spielt Poker, wettet auf Fußballspiele oder spielt Lotto, und läuft Gefahr, ein Einkommen zu erzielen, wenn er gewinnt. Eine merkwürdige Logik. Dürfte sich dieser Personenkreis jetzt tatsächlich nicht mehr am Spiel beteiligen, was so allerdings nicht stimmt, wäre es lediglich das i-Tüpfelchen auf eine Groteske.
Nein, bei Westlotto (etwa 3000 Annahmestellen) und Tipico geht es geht um Marktanteile im Bereich der Sportwetten. Lotto ist von dieser Auseinandersetzung nicht berührt. Grund: In Deutschland ist die Lotterie in staatlicher Hand und somit Monopol. Es gibt also keine Mitbewerber!
Um die anderen Felder wird von den Glücksspielanbietern – egal welcher Couleur – mit harten Bandagen gekämpft. Um sich einen Platz an der marktwirtschaftlichen Sonne zu sichern, greift man gelegentlich zur juristischen Keule. Im Falle von Tipico mit Erfolg. Der Wettanbieter, der seinen Geschäftssitz auf Malta hat, ging gegen Westlotto in die Offensive, weil man einen Verstoß gegen den noch geltenden Glücksspielstaatsvertrag erkannt haben will. Westlotto verkaufe demnach Rubbellose und Sportwetten an Menschen, deren Einkommenssituation eine Teilnahme an Glücksspielen nicht zulassen würde. Das ist nicht erlaubt. Das Landgericht folgte dieser Argumentation und nickte die Einstweilige Verfügung ab. Beim einem Verstoß droht eine Geldstrafe von 250.000 Euro oder sechs Monate Haft. Ein Tritt gegen das Schienbein von Westlotto.
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Der Glücksspielstaatsvertrag, der seit 1. Januar 2008 in Kraft ist und am 31. Dezember ausläuft, gab die Vorlage. Dort ist festgehalten, unter welchen Voraussetzungen das Glücksspiel in Deutschland angeboten werden darf. Eine Sperrliste erfasst Risikogruppen, die nicht am Spiel beteiligt werden sollen, um sie zu schützen. In diese Gruppe fallen Spielsüchtige, Menschen mit hohen Schulden und Menschen, die mit viel höheren Einsätzen spielen, als sie sich auf Grund ihrer wirtschaftlichen Situation leisten können.
Die eventuelle Annahme, jeder Mensch würde nun künftig bei dem Erwerb eines Sportwettscheins oder eines Rubbelloses nach einem Gehaltsnachweis gefragt, stimmt nicht. Zum einen gilt die Einstweilige Verfügung nur für die Westdeutsche Lotterie GmbH. Zum anderen soll ein Verkauf von Sportwetten durch Westlotto nur dann nicht erlaubt sein, wenn bekannt ist, dass der Spieler in eine der Risikogruppen fällt.
Und selbst wenn sich ein Hartz-IV-Bezieher oder ein Geringverdiener ein Rubbellos kauft, wäre immer noch zu klären, ob dieser Einsatz tatsächlich im Missverhältnis zum Einkommen steht.
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