Fuck The Globalisierung – Amerikanische Gedanken und nostalgische Gefühle

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Von Peter Alterberg (1859 – 1919) dem „Genie ohne Fähigkeiten“ wird eine schöne Geschichte erzählt. Als Sohn wohlhabender jüdischer Eltern besuchte er das noble und heute immer noch existierende Wiener Akademische Gymnasium. Zur Matura (Abitur) hatten die Schüler einen Aufsatz zu schreiben mit dem Thema: „Der Einfluss der Neuen Welt (Amerika) auf die Alte“. Peter Altenberg dachte wohl der Höflichkeit halber einen Moment nach, schrieb mit schwungvoller Hand „Kartoffeln“auf das Papier und gab seine Arbeit ab. Mehr als dieses eine Wort wollte ihm wohl nicht einfallen. Damit  nahm er zwar ein Stück weit seinen später berühmten „Telegrammstil“ vorweg, die Lehrerschaft allerdings hatte dafür wenig literarischen Feinsinn und verwies Peter Altenberg prompt der Schule.

Meine persönlichen Assoziationen zur USA sind auch reduziert, aber deutlich weniger radikal. Immerhin haben sie uns zusammen mit der Roten Armee befreit. Chet Baker, Miles Davis, Cassius Clay, Charles Bukowski, Hunter S. Thompson und Scarlett Johansson wurden dort geboren und auf die Super Bowl freue ich mich jedes Jahr aufs Neue. Aber brauche ich die Amerikaner deswegen an den virtuellen und echten Pokertischen hier bei uns in der wunderbaren alten Welt? Sagen wir mal so, wirklich abgehen werden sie mir nicht. Der Große Floorman da oben wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Die Milliarden Liter salziges Wasser zwischen unseren Kontinenten haben ja wahrscheinlich einen guten Grund und sollten jetzt auch noch die dicken transatlantischen Telefonkabel zerreißen, muss ich mich wenigstens nicht mehr mit dem Neteller-Support herumärgern.

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Die Welt ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr zusammen gewachsen und niemand hat mich gefragt, ob mir das überhaupt recht ist. Mit nostalgischem Gefühl denke ich da noch an die 80er Jahre zurück. Männer mit sonderbaren Frisuren, Frauen mit Schulterpolstern, Modern Talking in den Hitparaden, Telefone hingen an Kabeln, hatten Wählscheiben, und wenn man ein Ferngespräch führte, fasste man sich wegen der horrenden Kosten kurz und brüllte dafür um so lauter in den Hörer. Einfach um der Entfernung an sich ein wenig Respekt zu zollen. Poker gespielt haben wir damals auch schon und selbstverständlich gab es da einige Amerikaner in unseren Partien. Meist Mitarbeiter der Vereinten Nationen, der Atombehörde und direkt beschäftigt bei der amerikanischen Botschaft. Wir in der Alten Welt noch sehr dem Draw Poker verbunden mit zarten Tendenzen zum damals neumodischen 7 Card Stud. Die Amis hingegen wollten in den Homegames „action“ und es gab eine Unmasse an Sonderregeln und Spielvarianten. Besonders erinnerlich ist mir „Double Flop Holdem  – one eyed Jacks are wild“. Also zweimal Flop, Turn und River. Herz und Pik-Bube – im Profil abgebildet und deswegen „einäugig“ – durfte man als Joker verwenden. Um die Verwirrung komplett zu machen, wurde das Ganze noch Hi/Low gespielt und selbstverständlich Pot Limit. Check-Raise war übrigens gar nicht gerne gesehen und galt als wenig „gentleman like“. Man riskierte sogar, nicht mehr eingeladen zu werden. Angesichts der zollfreien Zigaretten, der erstklassig gefüllten Bar und der sehr lukrativen Partien eine grobe Drohung.

Genug der nostalgischen Gefühle, kommen wir zum Pokern der Gegenwart. Jetzt sind sie also weg von den virtuellen Pokertischen. Die junge Garde der exzellenten transatlantischen Jungs in den mittleren Limits stört uns Europäern nicht mehr auf dem Weg zum Finaltisch. Schlecht? Definitiv nicht! Wir müssen nur an den verrückten Griechen, Russen, Spaniern und den immer gefährlichen Skandinaviern vorbei. Schwierig genug allemal. Die Preispools sind immer noch hoch genug und wer etwa die Sunday Million gewinnt, kann locker eine Party für seine Freunde schmeißen. Am besten bei Hooters, um wenigsten ein klein wenig Geld in die amerikanische Wirtschaft zu pumpen. Fair ist fair.

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