Sebastian Ruthenberg hat Klasse und Style. Den Jungen muss man mögen und bewundern sowieso. Wir von Hochgepokert.com haben über seinen Erfolg beim SCOOP 2011 berichtet. Dass es sich dabei um ein „Tripple Stud“ Event gehandelt hat, freut mich als alten Stud-Kämpfer natürlich doppelt beziehungsweise tripplemäßig und dreifach. Stud wird auf ewig meine persönliche Königsdisziplin bleiben. Da könnte Scarlett Johansson nackt und vergeblich in meinem Bett auf mich warten, für eine schöne Stud-Partie in leistbaren Limits marschiere ich meilenweit. – Aber natürlich verbindet mich mit Sebastian Ruthenberg noch mehr. Er hat mir den Glauben an den 17.Juni wiedergegeben. Nach frühkindlichem Trauma für mich ein rabenschwarzes Datum.
17.Juni 1970, Fußball-WM Mexiko. Meine Eltern hatten soeben den ersten Fernseher gekauft – schwarzweiß mit Zimmerantenne – und als Neunjähriger durfte ich trotz Zeitverschiebung zumindest die erste Halbzeit der Spiele sehen. Am 17.Juni im Semifinale kam es zum legendären Match Italien-Deutschland. Müller, Beckenbauer, Vogts, Schnellinger, Seeler, Overath, Grabowski. Patzke, Löhr. Maier, Schulz, Libuda. Die Älteren werden sich erinnern, Franz Beckenbauer mit bandagiertem Arm vor die Brust gebunden. Das Austauschkontingent war bereits ausgeschöpft und der Kaiser biss die Zähne zusammen, obwohl er vor Schmerzen kaum laufen konnte. Gerd Müller schoss zwei Tore. Einmal ließ er es klassisch „müllern“ und das zweite mal gab es es ein Kopfballtor. Kommentiert wurde das Match vom ebenso legendären Ernst Huberty („ausgerechnet Schnellinger“). – Am Ende nutzte das alles nichts. Deutschland war zweimal in Führung gegangen und musst sich trotzdem nach Verlängerung 4:3 geschlagen geben. Am Liebsten wäre ich tagelang nicht in die Schule gegangen vor Ärger, aber da waren meine Eltern ähnlich gnadenlos wie der peruanische Schiedsrichter der Partie.
17.Juni 2008, WSOP $5000 Seven Card Stud Hi/Low. Auf den Tag genau 38 Jahre später. Inzwischen mit eigenem Fernseher (Farbe plus Fernbedienung). Nur in der Nacht ein völlig zweckloses Gerät. Auf welchen Seiten ich den Live-Stream verfolgt habe weiß ich nicht mehr so genau. Jedenfalls Daumen gedrückt wurden maximal für Sebastian Ruthenberg im Heads Up gegen Chris „Jesus“ Ferguson. Für mich der größte Langweiler im Pokerbuisness (auch wenn ich mich da jetzt wahrscheinlich ziemlich unbeliebt mache). T.J Cloutier hätte ich das Main Event im Jahr 2000 aber hundertmal mehr gegönnt und Sebastian musst das Ding jetzt einfach gewinnen, schon alleine um dem 17. Juni wieder ein wenig Glanz zu geben. Allerdings lief es maximal schlecht. Die Updates im Live-Stream waren selten, aber immer wenn neue Zahlen kamen schrumpfte das Stack von Ruthenberg wie Vanilleeis in der Sommersonne von Nevada. Beinahe hätte ich den Computer vor Frust herunter gefahren mit dem Plan, die folgenden Jahren den 17.Juni überhaupt im Bett zu verbringen. – Irgendwann kam dann der Umschwung. An die Umstände erinnere ich mich ebenfalls nicht mehr so genau. Gefühlter zehnfacher Stack von Chris „Jesus“ Ferguson reichte nicht gegen die wunderbare und coole Luckbox Nummer Eins. Bracelet für Ruthenberg und Deutschland. Kein Bracelet für „Jesus“. Eine schöne Erinnerung und eine gelungene Versöhnung mit dem davor so übel besetzten Datum.
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Allerdings eine Sache macht mir ein wenig Kopfzerbrechen. Bei den Kollegen von Pokerstars.tv in der „Daily Web Show Day 7“ wird Sebastian Ruthenberg als Brite geführt. Herbert Grönemeyer lebt auch in London und den nominieren sie auch nicht bei den Brit Awards einfach so ohne zu fragen. Reicht es nicht, um nochmals den Schwenk zum Fußball zu wagen, dass sie uns 1966 das Wembley-Tor gestohlen haben? Müssen sie uns die Briten jetzt auch noch unseren stolzen Bracelet-Gewinner streitig machen? – Wie auch immer. Ich hoffe da auf klare Worte von Sebastian. Zufällig habe ich gesehen, dass seine frühere Domain „www.luckbox.de“ aktuell zu verkaufen ist. Hingegen „www.glückskiste.de“ wäre noch frei und für 98 Cent im Monat ist man dabei. Mit den $35.186 könnte sich das Sebastian Ruthenberg ja locker leisten und gleich mal im voraus für die nächsten zweitausend Jahre bezahlen. – Man kann sein Geld sicher dümmer ausgeben und vielleicht gäbe es ja dann neben dem Hendon Mob noch einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde.
G.Schrage