Diese Tage startet die WSOP 2011 und das ohne mich. Kurzfristig hatte ich noch überlegt und kalkuliert, aber es scheitert dann doch, an der für mich mehr als umständlichen Verbindung. Beziehungsweise bleibt es fraglich, ob ich es überhaupt noch rechtzeitig bis zum Main Event schaffen würde. Als chronischer Aviophobiker bin ich auf Frachtschiff oder die Kombination Bus und Eisenbahn angewiesen. Beides machbar, nur Zeit muss man haben und die notwendige Reisebankroll. Die Firma Frachtschiffereisen Christina Horn bringt einen via Hamburg, LeHavre, Cartagena, Panamakanal, Puerto Quetzal und Lazaro Cardenas bis nach Long Beach und die knapp 300 Meilen kann man dann entspannt mit dem Fahrrad fahren. Geschätzte Reisedauer 30 Tage, geschätzte Kosten 3000.-E. – Die einzig vernünftige Alternative bietet die britische Firma „OZ-Bus“. Da geht es mal via Bus von London via Bruges (Belgium), Rhine Valley (Germany), Warsaw (Poland) usw. bis nach Moscow und dann mit der sibirischen Eisenbahn. Einschiffen in Wladiwostok mit der Fähre nach Anchorage (Alaska) und der Rest ist dann einfach. Nur so ehrlich muss man sein, für diesesmal ist es einfach schon zu spät. Nächstes Jahr sollte ich einfach rechtzeitig planen. Dann klappt es auch mit der WSOP und dem geplanten exklusiven Exklusivinterview mit Tiffany Michelle.
Ich glaube die folgende Geschichte habe ich bereits einmal erzählt. Man möge es mir nachsehen, schon alleine aus Respekt vor meinem Alter und den geschätzten 24 960 Kopfbällen, die ich bereit war bei jedem Wetter zu nehmen (30 Jahre x 52 Sonntage x 16 Kopfbälle im Schnitt). Jedenfalls jährt sich diese Anekdote in diesen Tagen zum fünften Mal. Es war der Abend vor meiner Hochzeit. Meine zukünftige Frau im Badezimmer und ich alleine und verlassen vor dem Fernsehgerät. Selbst mir war die damals halbwegs neue Serie „Monk“ völlig unbekannt, aber als gut informierter Bräutigam, wusste ich, wer bisher keine Folge versäumt hatte und deswegen brüllte ich quer durch mein Atelier: „Schaaaaaatz! Monk fängt an!“. Ihre denkwürdige Antwort: „Ich brauche mir Monk nicht mehr ansehen. Ich heirate ihn morgen.“
Jetzt kenne ich mich aus. Meine schlaue Frau hat gar nicht so unrecht gehabt, allerdings lege ich Wert darauf, deutlich weniger hysterisch und desperat zu sein, wenn die Dinge mal nicht so laufen, wie ich sie zwanghaft gerne hätte. Ähnlich konsequent wie mein unfreiwilliges Vorbild reagiere ich, wenn es darum geht mein phobisches Vermeidungsverhalten zu pflegen. Zum Beispiel fliege ich nicht und das seit knapp dreißig Jahren. Meine letzte Fernreise führte mich nach Lanzarote und hätte ich dort Frau und Casino gefunden seinerzeit, spräche ich heute Deutsch mit spanischem Akzent. Nach einem üblen Hinflug mit mehrmaligem Umsteigen und diversen imposanten Luftlöchern war es das für mich. Der Rückflug glich eher einem Rücktransport und ich weiß nur noch, dass die Stewardess auf meinem Schoß saß (oder doch ich auf ihrem?). Wie auch immer, Las Vegas liegt für mich unerreichbar entfernt wie die dunkle Seite des Mondes und damit erklärt sich auch der eklatante Mangel an Bracelets in meiner sonst so reichhaltigen Trophäensammlung. So gerne würde ich meinen Namen da eingraviert sehen. Von Neil Sedaka („Is This the Way to Amarillo?“) weiß man, dass er als Zehnjähriger seinem Vater eine Schellack stahl, nur um den Namen des Originalkomponisten zu übermalen und stattdessen seinen eigenen hinzukritzeln. Neil Sedaka wollte einfach wissen, wie das so aussehen könnte und 30 Millionen verkaufte Tonträger geben ihm recht. Zu schade, dass Martin Kläser bei seinem Wien-Besuch so konsequent aufmerksam war, obwohl ich alles versucht habe, mir sein stolzes Bracelet zumindest langfristig zu leihen. Den Rest hätte dann der georgische Graveur um die Ecke erledigt. Aber egal.
Es gäbe ja noch eine realistische Alternative und vielleicht darf ich auf diesem Wege eine Kontaktanzeige aufgeben (meiner Frau müsste ich das noch erklären). Ich suche eine hübsche, aufgeschlossene und reiselustige Anästhesistin. Sex wäre zwar keine Bedingung, aber durchaus gewünscht und hilfreich. Eine langfristige Bindung ist allerdings nicht drinnen, da ich ernsthaft und glücklich vergeben bin. Nach meiner Vorstellung müsste ich in Wien einschlafen und im Rios (Las Vegas) aufwachen. Bitte keine Details zur Reise und keinesfalls die Worte: „Flugzeug, Pilot, Sturzflug, Flugloch und Landebahn“ erwähnen. Das Main Event startet am 7.Juli und ich würde gerne gleich an Tag 1 spielen. Selbstverständlich ist eine finanzielle Beteiligung mehr als erwünscht und finanztechnisch auch mehr als erforderlich. Bitte nur ernstzunehmende Anfragen mit Bild direkt an die Redaktion: Kennwort „Pokerboy“. Vielen Dank.
G.Schrage