Keine Witze mehr über Frauenfußball und mehr Poker würde auch nicht schaden. Bitteschön, dem Wunsch meiner Leser trage ich gerne Rechnung. Obwohl, es wird mir nicht gerade leicht gemacht. Nach einer langen und ereignisreichen Turniernacht im Rahmen der „Austrian Masters – CCC Simmering“ will ich mich gegen Mittag über das Weltgeschehen informieren und stolpere prompt bei NTV in die Pressekonferenz der Co-Trainerin der deutschen Fußballnationalmannschaft. Man sieht in die Gesichter altgedienter Sportreporter und leidet aus Solidarität gleich ein wenig mit. Fragen wie: „Was wissen Sie von der kanadischen Hintermannschaft?“ muss man mal stellen ohne zu erröten. Respekt dafür. Hoffe NTV diskriminiert uns Pokerspieler nicht länger und freue mich nächsten Freitag auf die Live-Schalte nach Baden-Baden: „Jens Knossalla packt seinen Koffer, um nach Wien zum Bounty-Turnier ins Wiener CCC zu reisen“. – Gleiches Recht für alle Randgruppen bitteschön.
Apropos CCC Simmering und um gleich ein wenig anzugeben. Habe mir gestern meinen dritten Hendon Mob Eintrag erspielt. Enorm wichtig, schon alleine um Mark Rößler aka „schallundrauch“ ein wenig auf Distanz zu halten. Ganz sicher bin ich mir übrigens nicht, ob da alles mit rechten Dingen zugegangen ist, oder ob meine Mitspieler einfach so freundlich waren, mich ein wenig bis zum Finaltisch zu tragen. In den letzten sechzehn Jahren habe ich maximal sieben Turnier gespielt, die überhaupt in Frage kamen, bei Hendon Mob gelistet zu werden. Mir fehlt also alles. Routine, Geduld, Mathematik und Angriffsgeist. Ich bin hoffnungslos „oldschool“ und staune mit offenem Mund über die talentierten jungen Menschen und ihr Mut mit jeder dritten Hand „all-in“ zu annoncieren. Da wird richtig gearbeitet, geblufft und retour geblufft und irgendwie spüre ich, dass die Jungs das richtig machen und plage mich gleichzeitig mit der Erkenntnis, einfach ein andere Typ Spieler zu sein. Quasi das maximale Turnieruntalent.
Garantiert war übrigens nichts. Und obwohl die Turniere im CCC Simmering wunderbar und geschmeidig organisiert sind (und davon verstehe ich zur Abwechslung mal eine Menge), war relativ wenig los. Mir ist das Jagen nach Overlays rätselhaft und definitiv unter meiner Würde. Etwa absichtlich auf eine erfolglose Veranstaltung zu gehen, weil der Veranstalter in die Tasche greifen muss, widerspricht massiv meinem sorgsam gepflegten Snobismus. Ich erinnere mich da ein prägendes Erlebnis. Wir blicken zurück ins Jahr 1998, ich war damals relativ erfolgreicher Berufsspieler und saß im Casinorestaurant neben einem mittelmäßigen Profi. Vor sich liegen hatte der ein kleines Notizbuch. Alle Turniere der darauf folgenden Woche im Großraum Wien sorgsam aufgelistet. Garantiesummen, Buyins und Mindestanzahl der erforderlichen Teilnehmer. Eine Stunde musste ich ihm zusehen bei seiner Planung. Furchtbar! Deswegen werde ich Berufsspieler, um dann erst recht wieder Termine zu haben? Da lass ich mich doch gleich zum Steuerberater umschulen, oder stell mich in kurzen Hosen am Bahnhof und hoffe, dass mich wer mitnimmt. Nichts für mich definitiv.
Ärgern musste ich mich gestern auch und das nicht zu knapp. Selbstverständlich nicht über die exzellenten Dealer und die beste Frau Monika der Welt, sondern über einen der Gegner. Zwischen höflichen Persern, lustigen Deutschen und lauten Ungarn gab es einen Spieler, der haarscharf dabei war den Grenzbereich meiner Nerven zu erkunden. Schließlich wurde ich schon einst von drei Securitys aus dem Casino geleitet (inzwischen selbstverständlich verjährt), aber nochmals brauche ich das nicht und es wäre auf meine vernünftigen alten Tagen auch ein wenig peinlich. Jedenfalls schien besagter Spieler irgendwo gelesen zu haben, dass es vorteilhaft wäre, von niemandem am Tisch gemocht zu werden. Jede Hand wurde mit „so thick – so thick – es ist so thick“ kommentiert. Als ich einmal auf Nachfrage etwas über mein zugegeben etwas langweiliges oldschool Spiel sagen wollte, unterbrach er mich: „Du brauchst uns hier gar nichts erzählen. Wir wissen genau wie du spielst“ – Dabei weiß ich das selber nicht einmal genau. Meine Strategie war definitiv geleitet von so Gedanken wie: „Der alte Herr ist so nett, dem will ich keine Chips wegnehmen“ oder „Den persischen Mario mag ich, gegen den trete ich an“ usw. . Den Typen mit dem „so thick“-Problem mochte ich definitiv nicht und geduzt werden wollte ich exklusiv von ihm auch nicht (sonst darf das bitte jeder meiner Leser gerne tun!). Somit war es für mich kein Problem am Button auf sein Blind zu raisen und eine gute Hand hatte ich nebenbei. „Es ist so thick – es ist so thick – es ist so wahnsinnig thick“. Nach langem Jammern ein „fold“ und bevor der Dealer sein großes Blind einziehen konnte, griff der Typ danach und warf es in hohem Bogen Richtung meiner Hand. Begleitet von einer verächtlichen Fratze und einem letzten „so thick“. Hätten die Chips meine Hand getroffen, hätte ich ihm ganz oldschoolmäßig eine gescheuert. Also doppelt Glück für uns alle und den fünfte Platz nach einem Deal macht mir große Freude.
PS: Gratuliere Stefan Kotschi zum dritten Platz und weiterhin viel Erfolg bei „ALL IN 4 KIDS“. Freue mich auch endlich Martin Dietrich persönlich kennengelernt zu haben und bedanke für das seinerzeitige exzellente Lektorat beim Pokerblatt. – Noch ein Bitte an die Turnierdirektorin Frau Monika. Ich komme Sonntags wieder und spiele das letzte Event der Austrian Masters. Sollte wieder jemand („so thick“) Chips nach meinen Händen werfen und ich darauf hin schweigend erblassen, einfach beruhigend die Hand auf meinen Hinterkopf legen and nobody gets hurt. – Dankeschön!
PPS: Für alle, die mein museales Spiel verfolgen möchten. Am 2. Juli trete ich im CCC Simmering zur Jens Knossalla Bounty an. Bericht dazu gibt es dann selbstverständlich auf Hochgepokert.com.