Da muss doch jetzt einmal Ordnung in die Sache. Was wurde aus den früheren Lautsprechern von Full Tilt? Wo ist Howard Lederer, wenn man ihn mal wirklich braucht? Und warum schweigt Chris „Jesus“ Ferguson, wenn es Zeit wäre für eine kleine Bergpredigt? Fragen über Fragen. Vielleicht kennt sich „Jesus“ einfach nicht so aus in der bösen Welt und seine Apostel und Anwälte beraten ihn schlecht, aber Howard sollte schlauer sein. Der weiß doch wie ein Gefängnis von innen aussieht und der weiß wie das ist, wenn das Geld vom Konto geräumt wird und alles was man behält ist eine Quittung von der Staatsanwaltschaft. – Howard Lederer hat nicht dazu gelernt und das ist schade, weil er ein wirklich netter Junge zu sein scheint. Mal abgesehen von der Gier und der Dummheit.
Macht und Geld führen bei chronischer Überdosierung zu Anfällen von Größenwahn. Der Patient ist nicht in der Lage seine Lebenssituation realistisch einzuschätzen. Mögliche Optionen und Chancen zur Besserung der Situation, werden beharrlich ignoriert bis es dann letztendlich zu spät ist. – Muammar Gadaffi, Nicolae Ceausescu, Manuel Noriega und Saddam Hussein waren alles keine guten Pokerspieler. Nicht einmal gute Verbrecher. Keinen Strategiewechsel im Repertoire, keine Variante im Ärmel und unfähig den richtigen Spot zu finden für einen ehrenhaften Rückzug. Dann bleibt nur noch das Erdloch und irgendwann wird man dann da auch noch rausgezogen und alles ist vorbei.
Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, da hatte der Gaddafi-Clan noch eine Bankroll von geschätzten $150.000.000.000. Jetzt haben sie bald gar nichts mehr, dabei wäre ein Drittel des Stacks immer noch fünfzig Milliarden gewesen. Genug für alle für alle Zeit. Den Rest des gestohlenen Geldes dem libyschen Volk „gespendet“ und dann im Luxus-Learjet nach Weißrussland, Venezuela oder in den Tschad. Floorman Berlusconi und Freund Sarkozy samt Carla wären vielleicht mal auf Besuch gekommen. – Jetzt ist der Learjet zerschossen und der Rebellenführer und die Rebellenführerin lieben sich vielleicht im bordeigenen Luxusbett. Immerhin.
Gestürzte Diktatoren bekommen heutzutage keine zweite Chance und das ist gut so. Was vorbei ist, ist vorbei – Baby Blue. Da gibt es kein Rebuy und man kann auch gar nichts schlauer machen. Erdloch ist Erdloch und ob Den Haag ein Glück ist darf bezweifelt werden. – Howard Lederer hingegen hat diese zweite Chance. Wir haben einen gemeinsamen Freund und ich erinnere mich an die späten 90er Jahre so als ob es gestern gewesen wäre. Geld hatte ich damals selber (zumindest so halbwegs), aber es gab etwas um das ich Howard wirklich beneidet habe und was mir in meiner Vita nicht vergönnt war. Eine Vorstrafe wegen illegaler Buchmacherei hat doch was cooles und nach einem gefühlten Jahr war Howard Lederer auch wieder frei, nur das beschlagnahmte Geld war weg. Ich erinnere mich an Erzählungen von Freunden von den großen Pots bei den $400/800 Mixed Games im Bellagio. Schlecht wird es ihm also zu keiner Zeit gegangen sein und auch für die Zukunft wünsche ich ihm nur das Beste. Allerdings, damit die Zukunft auch Zukunft hat, sollte man schnell erwachen aus dem Traum vom unendlichen Geld. Das endliche Geld ist immer noch genug.
Bei Full Tilt wurden enorme Summen verdient und enorme Summen entnommen. Monat für Monat. Ein Prozent Anteil und man schien auf drei Generationen ausgesorgt zu haben. Wer jetzt genau wie viel Beteiligung an den verschiedenen Subfirmen hatte beziehungsweise immer noch hat, ist mir leider nicht bekannt. Ich bin mir allerdings ganz sicher, dass wenn die Begünstigten der Auszahlungen in die eigene Tasche greifen, um alle Verbindlichkeiten der Spieler zu begleichen, immer noch mehr als genug übrig bleibt. Nur hergeben fällt deutlich schwerer als kassieren. Ich bin persönlich sehr enttäuscht von der Garde der schwarzen Anzugträger. Im Dutzend vorgeführt als die besten Pokerbuddys der Welt und jetzt im schwarzen Loch verschwunden. Sie werden damit nicht durch kommen. Die Welt ist zu klein und die Staatsanwälte zu schlau. – Gerade Howard Lederer sollte sich seiner Verantwortung stellen, weil er weiß, was es heißt wenn man das Turnier gegen die Justiz verliert. Das macht schon keinen Spaß, wenn man halbwegs jung ist, aber wenn man den Fünfziger spürt muss man überhaupt ein wenig heikler sein mit der eigenen Zeit. Und irgendwann klicken die Handschellen ganz sicher. Das wünsche ich niemandem, schon gar nicht Howard Lederer.
Götz Schrage