Das gibt wieder auf die Mütze. Der blutige Kopf ist vorprogrammiert. Chancen für Missverständnisse gibt es genug und wieder mal steht meine berufliche Zukunft zur Disposition. Poker-Profi war ich ja schon, bei der Sprachpolizei wollen sie mich wegen orthografischer Defizite nicht haben. Bleiben vom Regal der Traumjobs eigentlich nur noch zwei Posten in Reichweite. Einmal Pakete packen für Beate Uhse Versand, oder doch Sheriff bei Facebook. Auf die Headhunter von Mark Zuckerberg will ich jetzt gar nicht warten. Alle da draußen in der virtuellen Prärie seien gewarnt, es ist ein neuer Sheriff im Netz und der kennt keine Gnade (und schon gar keine Skrupel).
Wenn ein treuer Hochgepokert.com Leser ruft bin ich zur Stelle. Diesmal im Fokus des Interesses ein neuer Online-Raum, dessen Namen ich bewusst nicht nenne und auf den die Welt ganz sicher nicht gewartet hat. Schon vor Wochen ging es los mit den Spams. Hundert gemeinsame Freunde schaffen einmal grundsätzlich Vertrauen, allerdings wenn die anderen neunundneunzig auch so gedacht haben, erklärt das manches und beweist gar nichts. Einladungen zu Freerolls schlage ich persönlich auf jeden Fall aus und Einladungen zu Turnieren bei denen andere für die Buy-ins bezahlen selbstverständlich auch.
Soweit so uninteressant und verzichtbar. Doch weiter im Text. Dieser neue Online-Anbieter wirbt mit einem Charity-Event und der geschätzte Leser ahnt es sicher schon, Tonnen von Spams und PMs sind die Folge. Immer neue Facebook-Gruppen, immer neue Veranstaltungen und das Ganze selbstverständlich für einen guten Zweck. Laura Hill, die nicht so heißt und freiwillig nichts preis gibt über ihre Person, kurbelt und ackert mit allem was verboten ist. Auf jede ungeschützte Pinnwand wird folgendes Bild montiert: „Pokern für Sarah – ein Kind braucht Deine Hilfe“ und weiter im Text: „Ich stand gerade unter der Dusche als mein Mann Frank herein gerannt kam und schrie „Sarah ist tot“. Diesen von Entsetzen geplagten Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Genau so wenig wie das Bild von Sarah, wie sie…..“.
Ich habe mich auf meine Pflichten als Journalist besonnen und ordentlich recherchiert. Seit sieben Jahren liegt die kleine Sarah Schulz im Wachkoma. Die therapeutischen Maßnahmen sind teuer und man möchte nach dem Studium von aktion-sarah.de gerne mit den Eltern zusammen auf weitere Erfolge hoffen. Dem Kind sei jede Hilfe und jeder Euro gegönnt. Wütend macht mich etwas ganz anderes. Poker und Charity, das passt nicht ganz so leicht zusammen. Erinnere mich noch an den Besuch beim groß angekündigten (Zitat) „1. All in 4 Kids Turnier in Wien“. Veranstaltet vom dümmsten und zweitdümmsten aller dummen Dealer von Wien und selbstverständlich haben die Burschen das Ding gegen die Wand gefahren. Mal abgesehen von der Frechheit, Fee plus Spendenbeitrag zu kassieren anstatt beides an „All in 4 Kids“ abzuführen.
Aber zurück zu „Laura Hill“ und ihrer „Pokern für Sarah“ Turnierserie. Eigentlich aus finanzieller Sicht eine durchaus lukrative Sache wem es gefällt. Ab einem Buy-in von 2.-E ist man dabei. Rebuy und Addon sind möglich. Jeden Sonntag qualifizieren sich die ersten drei für das sogenannte Finale im Januar. Da gibt es dann unter anderem eine Reise zur WSOP 2012 inklusive Buy-in für ein Sideevent zu gewinnen. Nur wenn man als wenig routinierter Anbieter durch penetrante Spams alles tut, um Misstrauen zu schaffen, passiert das, was passieren muss. Beim ersten Turnier letzten Sonntag waren gerade mal 13 Teilnehmer, die 56.-Euro eingespielt haben. Diesen Sonntag wurde das Turnier mangels Teilnehmer überhaupt abgesagt. Noch vor wenigen Tagen gab es einen Aufruf an „Fachjournalisten im Pokerbereich“ auch die Lauterkeit der Aktion war zu prüfen. Insbesondere den als transparent angekündigten Geldfluss sollte man als „Fachjournalist“ einsehen. Ich habe das getan. Habe mit den Beteiligten gesprochen und halte die Aktion für „safe“. – Allerdings bleibt der schale Beigeschmack, dass sich ein neuer Anbieter über ein armes Kind am Markt positionieren möchte. Quasi hier würde Mutter Theresa auch Poker spielen, wenn sie noch könnte.
Schade, dass Poker im deutschsprachigen Raum so gar nicht organisiert ist. Es gibt keinen Interessenverband. Es gibt – sicher auch bedingt durch die restriktive Politik – einfach keine Möglichkeit Zertifikate, Gütesiegel oder ähnliches zu vergeben. Jeden Tag kann von irgendwo auf der Welt ein weiterer Anbieter auf den deutschsprachigen Markt drängen und irgendwas versprechen und ausspielen. Niemand kann das kontrollieren und der nächste Skandal ist dann nur eine Frage der Zeit. Aber die großen Probleme unserer Pokerzeit werde ich nicht mit dieser Kolumne lösen. – Allerdings ein paar klärende Worte werde ich jetzt noch an die Menschen richten, die sich bei Facebook „Laura Hill“ nennen. Ihr wolltet die „Prüfung durch die Fachjournalisten“ und die habt ihr bekommen. Bitte für den Fall, dass ihr das nächste und übernächste Turnier auf die Reihe bekommt eine Kopie der Spendenüberweisung an schrage@hochgepokert.de. Ich habe die richtigen Namen und richtigen Adressen recherchiert und werde persönlich ein Auge auf die Sache haben. – Für diesen Sonntag überweise ich im Namen der Hochgepokert.com Leser die 56.-E. Es spricht nichts dagegen der kleinen Sarah zu einer weiteren „Delphin-Therapie“ zu verhelfen. Aber es spricht sehr viel dagegen die kleine Sarah vor den Marketingkarren zu spannen. – Der Sheriff hat euch im Auge und verzeiht nichts.
Götz Schrage