Gus Hansen die eckige Kampfmaschine – Der fette Prolet – Marmorstein als Trumpf

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Gus Hansen verliert und man merkt er hasst es, obwohl er beim Verlieren doch einige Routine haben müsste. „Allways the fucking slice“ und nach einer kurzen Pause des Nachdenkens ein weiteres: „Fucking slice – I hate it“. Dann hämmert er die Bälle weiter auf und neben die Tischtennisplatte, als wollte er sie bestrafen und zerstören. Hinter mir sitzt ein fetter Prolet mit Sprechdurchfall und tuschelt mit seinem ebenso pickeligen Nachbarn: „Das ist der Pokermillionär? Ich habe gedacht, der ist groß und gutaussehend. Dabei ist das ein hässlicher Affe und klein wie ich“. Ich werfe ein tadelnden Blick nach hinten und mache mir meine Notizen. Gus Hansen ist ohne Chance. Zumindest in dieser Disziplin. Gegner Martin Sturc beim Tischtennis elegant und souverän. Gus ist verärgert und drischt den kleinen weißen Ball ein weiteres Mal ins Netz. Netz und Ball bleiben unversehrt. Es ist vorbei. Der Tross zieht weiter zum Badminton-Feld und ich sitze da und mache mir Sorgen.

Gus Hansen kommt nach Wien und ich will dieses Interview. Martin Sturc von der Austrian Pokersport Association hatte mich freundlicherweise vorher informiert. „Götz, ich habe da was, das interessiert dich ganz sicher“. Und ich dachte sofort, er will mir von Sandra Naujoks erzählen und dass sie wieder solo ist und so. Dabei kann ich ohnedies an gar nichts anderes denken. Ob mich die Mormonen bei meinem Lebenswandel wohl nehmen würden? Und würden sich meine Frau und Sandra gut verstehen und überhaupt?  Martin Sturc reißt mich aus meinen Träumen. „Gus Hansen kommt nach Wr.Neudorf und nimmt an dem Rackelton Single World Champion Event teil. Das ist eine Mischung aus Tischtennis, Badminton, Squash und Tennis. Ich bin gegen ihn gelost und freue mich wenn du kommst.“ – Und natürlich komme ich, selten genug, dass mich jemand so freundlich einlädt und außerdem spüre ich diesen verschüttet geglaubten journalistischen Ehrgeiz. Auch wenn ich Ehrgeiz mindestens so hasse wie schwitzige Sporthallen. Manchmal kann man sich einfach nicht wehren und manchmal muss man aufdringliche Talente entwickeln, auch wenn es mir immer ein wenig mehr als nur ein wenig peinlich ist. – Ich folge der Horde zum Badmintonfeld. Der pickelige Prolet mit seinem Tuntenfreund ist wieder da und tuschelt. Gus Hansen hat alles im Griff. Ich notiere mir: „Gus Hansen der eckigste Mensch, den ich je gesehen habe“ und weiters: „Er hat viel mehr Talent, er hat unendlich mehr Geld, aber ich habe definitiv die bessere Figur“ und nach „definitiv“ habe ich vier Rufzeichen gemacht.

Vielleicht haben ja junge Mädchen wie Sandra da eine ganz andere Meinung. Auf mich wirkt der Däne wie eine von den Navy Seals optimierte Kampfmaschine. Kein Milligramm Fett am Körper, alles nur Muskeln, Sehnen, Knochen und zusammengeleimt von einer Extradosis Ehrgeiz. Fast irreal wie eine lebende Comicfigur. Ich drehe mich nach hinten auf der Suche nach Bambi und den Schlümpfen, aber da sitzt stattdessen Harald Pfingstl vom Montesino. Tüchtiger Junge nebenbei bemerkt und sicher mit der Mission Gus Hansen ins Casino zu schleppen. „Wie läuft´s?“ frage ich mehr aus Höflichkeit. „Ganz schlecht“ antwortet Harald: „So nett habe ich mich mit ihm über Tennis unterhalten, kaum habe ich Poker und Casino nur erwähnt war es vorbei. Der Gus war sofort auf 180. Wie Sommer und Winter komplett verändert und wirklich wütend.  – Und was machst du da?“.„Ich versuche ein Interview für Hochgepokert zu bekommen.“ antworte ich ohne jeden Optimismus in der Stimme. Der pickelige Prolet ist scheinbar Badminton-Fan hat aufgehört zu plaudern und wirft mir einen strengen Blick zu. Ein falsches Wort und ich haue ihm gleich eine aufs Maul, denke ich mir. Wenn es schlecht ausgehen sollte, kann ich immer noch petzen: „Guuuuuuus, der hat hässlicher Affe zu dir gesagt!“ Dann kommt der Superheld tötet das Pickelgesicht mit zwei Fingern und flüchtet im Sprint nach Dänemark. Ohne Pause und ohne zu trinken die ganze Strecke am Stück. – Martin Sturc ohne Chance. Badminton ist vorbei. Es steht 1:1 und der Tross zieht in den Keller zu den Squash-Aquarien. Ich stolpere hinterher. Scheißleben, hätte ich bloß etwas ordentlich gelernt.

Unbegreiflicher Sport für mich. Komplett daneben. Zwei Männer eingesperrt in einem Glaskäfig spielen gegeneinander und laufen gleichzeitig höflich umeinander herum. Keiner grätscht oder klammert oder so. Ich warte lieber draußen im Stiegenhaus. Wäre ich Raucher würde ich jetzt eine Zigarette rauchen, oder gleich ein ganzes Päckchen fressen. Lange dauert das Gemetzel nicht. Läuferisch ist Gus einfach zu stark für Martin Sturc. Jetzt geht geht es hinauf in die Tennishalle und da sehe ich meine Chance. Alle Courts besetzt. Der Däne steht bei der Getränketruhe. „Mein Name ist Götz Schrage. Ich bin Journalist, darf ich Sie einen Moment stören.“ „Kein Problem. Gerne.“ Es wird deutsch gesprochen und Gus Hansen gibt mir freundlich die Hand. „Eigentlich arbeite ich für Hochgepokert.com. Ben Kang ist mein Boss.“ Die Miene verfinstert sich ein wenig und die eng stehenden Augenbrauen rücken noch ein wenig enger zusammen. Christoph Haller ist ein gemeinsamer Freund von uns“ (kleines Lächeln von Gus, aber es reicht nicht). Dann setze ich alles auf eine Karte: „Und Phillip Marmorstein natürlich auch.“ Der muss jetzt für mich das Eis von der Ferne brechen. Quasi der Trumpf aus dem Ärmel. Münchner, Snob, Jude, Pokerspieler, Backgammon-Legende und junger Familienvater – frei nach Egon Erwin Kisch, irgendetwas davon muss mir jetzt helfen. Gus Hansen nimmt mich an der Schulter: „Ja Phillip. Freut mich zu hören. Ich hoffe, es geht ihm gut. Was kann ich für dich tun Götz?“. – Der hat sich meinen Namen gemerkt denke ich mir. Nicht schlecht. „Ich weiß du willst nichts von Poker hören im Moment, aber vielleicht ein paar ganz kleine kurze Fragen, wäre einfach nett.“ sage ich. „Wir machen das. Kein Problem“. Gus ist gut gelaunt und ich bin es auch. Das Notizbuch ausgepackt, die Diktierfunktion am Handy aktiviert und los geht es. Harald Pfingstl vom Montesino nickt mir aufmunternd zu. Martin Sturc könnte auch ein wenig Aufmunterung gebrauchen, obwohl wir beide wissen, da geht sich heute nichts mehr aus. Nach dem Interview ist der Tenniscourt auch frei und es kommt wie  es kommen muss. And the winner ist die Kampfmaschine aus Dänemark. Martin freut sich auf seine erste Zigarette danach. Gus geht wahrscheinlich noch ein wenig laufen. 50 Kilometer oder so wären sicher kein Problem. – Draußen ist es nebelig und nieselt leicht und ich bin trotzdem gut aufgelegt. Gus Hansen hat einen neuen Fan.  – Mich.

Das Interview mit Gus Hansen lesen Sie bitte am Montag Abend auf Hochgepokert.com

Götz Schrage

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