Hallo alle miteinander,
in der letzten Zeit hat sich Poker sehr stark entwickelt. Ich versuche, aus jedem Turnier etwas Neues zu lernen und aus jedem neuen Pokerbuch und von den Pokerfilmen neue Erkenntnisse zu gewinnen. Es steht unbestritten fest: Poker ist ein unendlicher Lernprozess!
In den modernen Pokerzeiten dominieren in den NL Poker Turnieren immer öfter die verrückten, furchtlosen, meistens jungen Spieler. Darum ist es extrem wichtig, gegen diese hyperaggressiven Mitspieler, das Spiel rechtzeitig anzupassen. In der Theorie leicht gesagt, in der Praxis schwer, erfolgreich umzusetzen…
Rozvadov – März 2012 – Buy in 1.100€, garantiert 200.000€, Startstack 20.000, Levels 1h
Ich bewegte mich immer leicht über Average Stack.
Mein Tisch war eine bunte Mischung aus Profis und Amateuren, was oft der Fall ist bei Turnieren mit mittlerem Buy-ins wie diese 1.100€ Events. Im Turnierpoker ist es sehr wichtig, welche Spieler links von dir sitzen und was für ein Image vor allem die beiden linken Nachbarn haben. Es kommen sehr oft folgende Situationen:
a)Wenn ich am Button bin, spiele ich in Position nur gegen die zwei Blinds
b) wenn im SB alle zu mir folden, muss ich nur gegen den BB spielen
Die gute Nachricht: Unmittelbar links neben mir war der bekannte Magic Man – ein sympathischer „just for fun Spieler“ aus Nürnberg, der oft limpte, sogar manchmal ohne die Karten zu sehen. Er callte manchmal auch mit marginalen Händen.
Die schlechte Nachricht: Links von Magic Man war Martin Kabrhel
– ein junger Millionär und ein hyperaggressiver und guter Spieler aus der Tschechei.
Wir spielten in Level 9 (300/600+75) und ich war im Small Blind.
Die Karten waren gerade gedealt, und der Floormann annoncierte 15 min. Pause. Martin, mit einem Stack von über 100.000 sang sein Lieblingslied ,,raise“ auf 2000 und alle folden schnell bis zu mir.
Martin Kabrhel raiste sowieso schon oft, und natürlich wenn die Pause in Aussicht steht und die meisten Spieler schon mit ihren Gedanken in der Raucher- oder WC Pause sind und nicht mehr viel Interesse an den eigenen Karten zeigen, dann raiste Martin mit 99%iger Wahrscheinlichkeit.
Ich sah im Small Blind [Qx][2x]. Der Chipleader raiste kräftig UTG, und ich hatte Schrott out off Position, Call kam nicht in Frage, also ein klares Fold, oder? …. Stopp, Moment, was ist mit einem Reraise? Wenn Martin mit mittelmäßiger Hand geraist hätte, wie ich vermutete, wird er folden. Noch ein pikantes Detail; Seine Raise-Muster waren meistens gegen 2,5 BB, und jetzt raiste er mehr als 3 BB! Aus meinen Beobachtungen war das ein Indiz dafür, dass er nie mit einem Monster so hoch raist! Wenn er aber wirklich eine gute Hand hatte, würde ich eine 4 Bet hören und wäre einfach fertig mit meiner Hand. Gedacht getan: Reraise auf 6.800. Magic Man foldete sofort und auch Martin foldete sekundenschnell.
Jetzt, geführt von meinen Gefühlen, machte ich folgenden typischen Fehler! Weil ich sehr zufrieden von meiner guten Einschätzung war, hatte ich meinem linken Nachbar Magic Man überlappend beide Karte gezeigt, so dass er nur die Dame sah, leider ein Fehler!
Das hatte Martin natürlich nicht geschmeckt und er sagte etwas auf Tschechisch zur Dealerin. Sie öffnete sofort meine beiden Karten! Martin sah meinen Bluff, sagte aber nichts und war in die Pause gegangen. Später fragte ich den Floormann nach der richtigen Vorgehensweise in einer solchen Situation. Er bestätige, dass die Dealerin zuerst den Spieler fragen muss, welche Karte oder Karten gezeigt wurden und erst dann diese öffnen darf – nach dem Motto ,,Show one show all“. Die Dealerin entschuldigte sich für ihren kleinen Fehler. Als Folge für das unnötige zeigen meiner Karten, konnte ich natürlich an meinem Tisch nicht mehr so gut bluffen, im besonderen gegen Martin! Schlussendlich hatte ich mit einem Stack leicht über Average von 63.000 Tag 1 beendet.
An Tag 2 kam ich bald an den Tisch mit dem Chipleader Nourri Sebaa, zu diesem Zeitpunkt hatte er mehr als 200.000, welcher auch ziemlich loose spielte, aber nicht zu aggressiv. Und das Beste für mich: Er war auf Platz zwei und ich auf Platz drei, somit hatte ich Position auf ihn.
Das Spiel mit einer Karte
Leider konnte ich Nouri nicht gut einschätzen und hatte eine wichtige Hand schlecht gespielt: Es lief Level 13 (800/1600+200), alle folden bis zum Small Blind Nourri, der 800 nachfüllte. Ich sah nur eine Karte , und das war mir genug um zu raisen aus 4.200. Für die anderen Spieler machte ich es nicht sichtbar, ob ich eine Karte oder beide Karten sah! Mein Gegner aber wollte nicht aufgeben.
Am Flop mit checkte Nourri vernünftig, und ich machte ein Standard Conti Bet von 4200, er callte. Jetzt aber war es höchste Zeit, meine zweite Karte anzuschauen. Es war eine rote .
Am Turn kam , jetzt war Zeit zu bremsen. Darum checkte ich hinter dem Check meines Gegners. Das hatte meinem Gegner offensichtlich geschmeckt und er sagte ,,aha“ und feuerte am River ,,in the Dark“ den sogenannten Blocking Bet mit etwa 3.500 in einen Pot von etwa 18.000! Jetzt war klar, dass ich mit Ass hoch nicht gewinnen konnte. Ich vermutete, dass er ein Paar hatte, aber kein Top Paar. Dazu die schreckliche River Karte , sie war die dritte Herz, und ich hatte das nackte . In diesem Moment sah ich nur ein kräftiges Raise als einzige Chance, den Pot zu gewinnen. Also Raise auf 15.000.
Mein Gegner begann lange zu grübeln, sodass ich ins Schwitzen kam. Schlussendlich callte er nach einigen ewigen Minuten und drehte [Qx][4x] um. Somit hatte ich fast die Hälfte meines Stack verballert.
Nach kurzer Zeit hatte ich vor mir etwa 30.000, das bedeutete, dass ich in Level 13 nur etwa M=7 hatte! Alle foldeten bis zu Nouri am Cut-off, der… limpte wieder. Ich sah am Button und dachte: ,,Jetzt ist aber an der Zeit, meine Verluste gegen Nourri wieder gut zu machen“, Raise auf 4.500.
Nouri hatte natürlich in später Position als Erster gelimpt, nicht um zu folden und brachte schnell die notwendige Kohle, um den Flop zu sehen, der übrigens sehr schön war:
Mein Gegner checkte, und ich, ohne etwas zu ahnen, feuerte 5.000 Conti Bet. Nourri sah sich meinen armen Stack an (etwa 20.000 übrig) und sagte das magische Wort ,,All in“. Natürlich war für mich kein Rückzug mehr möglich, ich sah keinen Grund zu folden. Beim Showdown lag ich mit Top Paar und gutem Kicker wieder hinten gegenüber von Nourri und hatte mit Recht verloren. Also ein Fehler, einmal Pech und das Turnier war vorbei.
Von anderer Seite betrachtet, bin ich rechtzeitig ausgeschieden, um im Deep Stack 600€ buy in Turnier, welches um 15h begonnen hatte, einzusteigen. Dort hatte ich mein Schiff bis Level 12 (600/1200+100) erfolgreich geführt, bis der große Unfall passierte. Mein Tisch war relativ tight und mein Stack etwa 33.000. Ich fand in mittlerer Position ein Paar [6x][6x]. Alle foldeten zu mir, und ich verlangte 2.500. Nur der Button, Marek Blasko (Hyper LAG) hatte wilde Pläne, Reraise auf 5.000. Nachdem die Blinds den Braten gerochen hatten und vernünftig foldeten, war ich an der Reihe. Marek ist ein bekannter Lokal Matador mit Hyper aggressivem und extrem loosen Stil. Zu diesem Zeitpunkt hatte er auch um die 33.000, was auch unter Average lag. Überlegen wir die drei Möglichkeiten:
a) zu callen, um das Set zu treffen. Schlecht, weil ich für diesen Traum-Flop fast ein von acht Fällen treffe, und das wichtigste, ich habe nicht genug implieds Odds. Merken sie sich, für die Implied Odds müssen die beiden Spieler einen sehr deepen Stack haben, was jetzt nicht der Fall war!
b) zu folden. Gegen die Hand Range von Hyper LAG im Heads Up war meine Hand zu gut, um zu folden.
c) zu reraisen. Diese Option hatte mir am besten gefallen. Von einer Seite sah ich mich im leichten Vorteil gegen die Range von seinen Händen. Von anderer Seite hatte ich eine perfekte Stack Größe für ein Reraise all-in, womit ich auch noch die Fold-Equiti auf meiner Seite hatte!
Ich glaubte, dass mein Gegner niemals ohne eine Top Hand callen würde. Gedacht getan und er…snapp callte. Pfui, offensichtlich hatte ich wieder meine Situation nicht gut genug eingeschätzt. Ich drehte meine arme Perle 66 um, und mein Gegner zeigte …… und sagte ,,i now you, you are Dragan Galic!“. Wow! Leider dieser, meiner Meinung nach schlechter Call, wurde mit zwei Neunern am Board belohnt. Somit war ich draußen vom Turnier, und Marek hatte es mit diesem Stack sogar weit nach vorne an den Final Tisch geschafft. Warum aber glaubte ich, dass dieser Call schlecht war? Weil, wenn ein Spieler vier Bet all-in vor dem Flop bringt, er im normalen Fall die Range AK bis AT hat und alle Paare, vielleicht ausgenommen die kleinen 22, 33 und 44, wobei jedes Paar für vier Bet all-in gut geeignet ist. Sehen wir, was die Mathematik sagt. Gegen solche Range von Händen liegt man mit klar hinten mit 34% zu 66%.
Ich nehme an, dies sind normale Schwankungen im Turnierpoker. Manchmal spiele ich schlecht oder bekomme einige Bad Beats, aber die Turniere kommen und gehen wie das Wetter, manchmal Sonne manchmal Regen.
Jetzt freue ich mich besonders auf die kommende Turnierwoche Anfang April. 4.-14. in Montesino-Wien. Dort werde ich folgende Turniere spielen:
a) das €340 Buy-in mit 200.000 garantiert – 5 Day Event!
b) das €500 Buy-in – 2 Day Event
c) das WPT Main Event €3500 Buy-in, mit einer Hammer Struktur 30.000 Startchips und 1h Level
Hier kann man den Turnierplan im Detail anschauen.
Letztes Jahr hatte ich im Montesino bei der WPT gecasht. Meinen Bericht über dieses große Poker Festival kann man hier nachlesen.
Win2day Hand des Tages.
Wie immer mein Lieblings Turnier am Sonntag, dieses Mal mit nur 25€ buy in (mit 5 rebuy möglich) und sage und schreibe 55.000€ garantiert. Es war kein Wunder, dass 923 Optimisten mitspielten. Wieder war es nicht schwer, das Preisgeld zu erreichen, am Ende hatte ich einen ganz banalen Coin Flip verloren:
Bei Blinds 7500/15000 hatte ich auf 30k geraist, nur der Chipleader hatte etwas gegen meine Pläne und reraiste auf 75k, ich ging All-in für 259k, er callte mit JJ, und das Bord hatte mir leider nicht geholfen, somit war ich als 22. (440€) ausgeschieden!
Trotz diesem Riesen-Turnierfeld hatte ein Win2day Ace, nämlich Johan Brolenius das Turnier gewonnen. Herzliche Glückwünsche und Gratulation Johan!
Euer: Ivo „The Chessmaster„