„Ich dachte, es wäre ein Überfall!“. Ein Zeuge packt aus – Polizeiwillkür in Heidelberg

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 In der Nacht zum vergangenen Donnerstag stürmten über 100 Beamten ein Café in Leimen, in der Nähe von Heidelberg. Die Beamten nahmen 22 Personen fest, darunter vier der Veranstalter. Ermittelt wird gegen fünf mutmaßlichen Haupttätern sowie gegen sieben Personen wegen Beihilfe zu den Veranstaltungen und  19 Personen wegen der Teilnahme. Jetzt spricht ein Teilnehmer der illegalen Pokerrunde über den nächtlichen Vorfall. 

Hochgepokert.com: „Hallo. Du möchtest gerne anonym bleiben, trotzdem davon berichten, was an dem Abend wirklich passierte. Die Polizei machte noch nicht einmal Angaben, wie viele Beamten wirklich im Einsatz waren. Doch dazu später mehr. Sag uns doch erst einmal, wie das alles da ablief.

Anonymer Teilnehmer: „Na ja, also an dem besagten Abend waren wir 10 Spieler. Der Zehnte ist gerade erst, 20 Minuten bevor das passierte gekommen. Das war so um 03:00 Uhr Nachts. Angefangen zu spielen hatten wir so um 01.00 Uhr.

Hochgepokert.com: „Okay, und es spielen immer die Gleichen, oder gab es oft neue Gesichter?

Anonymer Teilnehmer: „Nein, es spielen eigentlich immer die gleichen. Also wir sind eine größere Gruppe aber jeder kennt sich. Wir spielen da jetzt schon seit ungefähr 9 oder 10 Monaten.

Hochgepokert.com: „Ich nehme mal an, ihr habt euch dann gefühlt wie immer. Doch was ist dann passiert. Was ging in deinem Kopf ab? Welche Gefühle hattest Du, als die Polizei das Gebäude stürmte.“

Anonymer Teilnehmer: „Es war total leise, auf einmal brüllt da jemand. Da hatte ich mich erstmal voll erschrocken, weil ich mit dem Rücken zur Tür stand. Als ich mich umdrehte sah ich nur maskierte Menschen mit Waffen. Da dachte ich natürlich zuerst, dass das ein Überfall ist. Doch dann habe ich auf der Kleidung Polizei gesehen und dachte nur: ‚Gott sei Dank, ich sterbe heute schon mal nicht.‘

Hochgepokert.com: „Wie ging es dann weiter? Wie hat sich die Polizei verhalten?

Anonymer Teilnehmer: „Wir mussten alle unsere Hände hochnehmen und durften nichts sagen. Auch die Handys waren natürlich tabu. Bei einem Spieler klingelte zum Beispiel das Telefon ununterbrochen aber er durfte nicht ran gehen. Das nervte dann schon. Ich saß dann da eine Stunde total unbequem im Stuhl und musste mir immer wieder den gleichen Klingelton anhören. Dann wurden wir alle einzeln abgeführt. Ein Bulle links, ein Bulle rechts von mir. Vor dem Gebäude wurden wir dann den Kriminalbeamten übergeben, die uns dann in einer Kabine gefilzt hatten.

Hochgepokert.com: „Was heißt ‚in einer Kabine‘?“

Anonymer Teilnehmer: „Das war in einem LKW. Da waren dann zwei Räume mit einem Vorhang getrennt. Da musste man dann alles ausziehen, bis zur Boxershorts und die Beamten haben alles untersucht. Natürlich haben die auch alles mitgenommen, was sie finden konnten. Große Scheine, kleine Scheine, Münzen, einfach alles. Das hat man auch gar nicht mehr zurückbekommen.

Hochgepokert.com: „Apropos Scheine. Wie viel Geld war denn auf dem Tisch?

Anonymer Teilnehmer: „Also wir haben wie immer eine gemütliche Runde €1/€2 NL-Hold’em gespielt. Da waren dann keine €2.000 auf dem Tisch. Man konnte sich eh nur mit maximal €200 einkaufen.“

Hochgepokert.com: „Ok, €2.000 auf dem Tisch und wie viele Beamte waren zum Vergleich da?

Anonymer Teilnehmer: „Also gestürmt sind sie so mit 30 Polizisten. Draußen standen dann nochmals ca. 100 Polizisten. Ich hatte das Gefühl, sie wollten Hulk verhaften. Ich habe mit 3 Kastenwägen gerechnet. Da stand eine ganze Armee. 2 LKWs, viele Kastenwägen, Zivilpolizisten, aufgebaute Flutlichter, hunderte von Beamten. Ich dachte, ich bin im Film oder bei „Verstehen sie Spaß“. Keine Ahnung was sie erwartet haben, aber angeblich dachten sie, da würden immer mindestens €30.000 auf dem Tisch liegen.

Hochgepokert.com: „Wie kommen die auf so einen hohen Betrag?

Anonymer Teilnehmer: „Die Polizei hatte bereits vor über einem Jahr viele Tipps bekommen. Damals war die Location aber noch woanders. Das hatten sich die Beamten tatsächlich zu Herzen genommen und einen Spitzel eingeschleust. Der hatte sich dann als Österreicher vorgestellt, dass er aus Innsbruck kommt. Dieser hatte 13 Mal an den Partien teilgenommen, da stand auf deren Papiere alles aufgelistet.

Hochgepokert.com: „Wie meinst du das mit den Papieren?

Anonymer Teilnehmer: „Ja, die hatten Fotos von allen Spielern, wie einer aus dem Auto steigt und so weiter. Alle Namen waren verzeichnet, mit der Bemerkung, ob die Person Spieler, Dealer oder Veranstalter war. Es waren sogar Polizisten bei dem Spiel selbst vertreten, die aber rein zufällig diese Woche im Urlaub waren. Wahrscheinlich hatten die Polizisten Angst, dass die uns einen Tipp geben könnten. Aber selbst die teilnehmenden Polizisten standen auf der Liste. Angeblich wurden sogar Kameras zur Observierung im Cafe angebracht, aber das konnte bisher nicht bestätigt werden.“

Hochgepokert.com: „Wenn nur €2.000 am Tisch lagen, wie kamen die Polizisten dann auf €12.000?

Anonymer Teilnehmer: „Die haben nicht nur das Geld am Tisch beschlagnahmt, sondern natürlich das gesamte Bargeld was alle Spieler dabei hatten. Ein Spieler hatte sogar seinen ganzen Lohn dabei, den er frisch für den letzten Monat bekommen hatte. Das war natürlich Pech. Des Weiteren sind sie noch zu den Verdächtigen nach Hause gefahren und haben dort sämtliches Bargeld beschlagnahmt. Ein Tatverdächtiger wohnte sogar noch bei seinen Eltern. Da haben die Polizisten auch das Geld von den Eltern genommen. Und schon kommt man schnell auf €12.000.

Hochgepokert.com: „Machst du dir persönlich eigentlich Sorgen, was mit dir passiert?

Anonymer Teilnehmer: „Überhaupt nicht. Die Aktion ist so was von lächerlich. Es gibt tausend schlimmere Sachen, wo die Polizei es nötiger hätte mit 150 Mann einzumarschieren als bei einer Pokerrunde. Aber ich denke für mich als Spieler kommt da nichts großes zu. Die Strafe würde sicherlich minimal ausfallen.

Hochgepokert.com: „In dem Laden wurde nicht nur Cashgame gespielt, sondern es waren auch Sachpreisturnier-Veranstalter an anderen Tagen vertreten. Was passiert mit denen?

Anonymer Teilnehmer: „Also der Veranstalter der Turniere hatte mit dem Cash Game nichts zu tun. Trotzdem wird er natürlich darunter leiden, denn der Ruf ist immer erst mal ruiniert. Außerdem wurden auch seine Chips, die er dort immer lagert, konfisziert. Das kostet jetzt ihn auch wieder viel Zeit, Kraft und Geld was neues aufzubauen. Sicherlich ist das bitter für ihn.

Hochgepokert.com: „Dann danken wir dir für deine Ausführungen.“

Anonymer Teilnehmer: „Kein Problem.

Kurzes Update zur Lage: Tagelang war das Lokal behördlich gesperrt und polizeilich versiegelt. Für heute  ist eine große Wiedereröffnungsfeier geplant. Es bleibt spannend in Heidelberg und wir von Hochgepokert.com bleiben an der Story dran. 

Bilderquelle: Rhein Neckar Zeitung, locally.de

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