Götz Schrage: „Hallo Eddy. Schön, dass du dir Zeit nimmst. Die Story um deine Auseinandersetzung mit dem Finanzamt wirbelt ja mächtig medialen Staub auf. Ich hoffe du hast die letzte Rate deiner Rechtsschutzversicherung auch pünktlich bezahlt.“
Eddy Scharf (lacht): „Habe ich durchaus, aber die Kosten für meinen Anwalt werden keinesfalls von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Wenn man das Finanzamt klagt muss man da alleine durch.“
Götz Schrage: „Sich gegen das Finanzamt wehren? Da gruselt mir, wenn ich das nur höre vom Risikomanagement. Übst du auf deinem Flugsimulator schon, wie man am Hudson unfallfrei landet? Der Sullenberger war doch auch knapp siebzig Jahre alt. In Amerika nehmen sie dich sicher als Copilot auf einem Frachtflieger, wenn das schief geht mit der Klage.“
Eddy Scharf: „Ein Flugsimulator kostet 30 Millionen und so viel hatte ich noch nie am Konto. Und am Hudson wäre ich auch nicht gelandet, ohne auch nur ein Wort der Kritik an der Leistung des Piloten anzubringen zu wollen. Ich hätte wohl am Absatz kehrt gemacht und wäre zurückgeflogen, wo ich her gekommen bin“.
G.S.: „Schönes Stichwort. Warum riskierst du das? Da hast du dein Leben lang hart gearbeitet, brav gepokert nebenbei und wenn das schief geht, fliegst du zurück zum Start. Was treibt dich?“
Eddy Scharf: „So bin ich immer schon gewesen. Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle, dann wehre ich mich. Da gibt es keine Kompromisse! Wenn ich weiß, dass ich im Recht bin, tue ich was ich tun muss.“
G:S: „Na ja, dass mit dem im Recht sein ist ja oft ein subjektives Gefühl. Einige Spieler werfen dir vor, dass du ja jahrelang als Person und mit deinem Namen Werbung für Full Tilt gemacht hast. Und da war ja die Linie eine andere. Es wurde vermittelt, dass man Poker mit Disziplin, Wissen und Fleiß bezwingen kann. Quasi seine Chancen entscheidend erhöhet positiv zu bilanzieren, also ganz im Sinne von Poker als überwiegendes Geschicklichkeitsspiel. Deswegen hat man dich in deiner Zeit bei Full Tilt auch so ins Rampenlicht gestellt.“
Eddy Scharf: „Erstmals habe ich mich nie als „Pro“ definiert und gesehen. Ich hatte immer einen anderen Brotberuf. Und ja es stimmt, ich habe Werbung für Full Tilt gemacht und in der Werbung wird generell immer ein wenig übertrieben und man nimmt es nicht ganz so genau mit der Wahrheit. Ich glaube auch nicht, dass Beckenbauer nur mit O2 telefoniert und auch Dash wäscht nicht wirklich alles so weiß, dass es „nicht weißer geht“. Würde man alle kreuzigen, die in der Werbung lügen, wäre das eine wahre Massenhinrichtung in Deutschland.“
G.S: „Du bedauerst da also gar nichts? Das enttäuscht mich ein wenig.“
Eddy Scharf: „Doch Götz. Ich bedauere durchaus einiges. Ich hatte zum Beispiel in Full Tilt Interviews betont, dass ich in dieser oder jener Situation Glück hatte und das wurde dann wohl aus unternehmenspolitischen Gründen immer rausgeschnitten, oder ich wurde im Interview dann so oft gefragt bis ich klein bei gegeben habe und anders geantwortet habe. Das würde ich heute nicht mehr so machen. Und zur Sache selbst, man kann durch strategisches Geschick bzw. Ungeschick auch ein reines Glücksspiel wie Roulette ganz besonders dumm spielen, oder den Nachteil durch richtiges Verhalten reduzieren. Wenn ich etwa bei Roulette meine halbe Bankroll auf Rot und die andere Hälfte auf Schwarz setze, riskiere ich bei 0 komplett broke zu gehen. Es gibt also auch bei Glücksspielen strategische Gedanken“
G.S: „ Verstehe, du setzt deine Rente auf „Poker ist ein Glücksspiel“ und erhöhst die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt zur Charakterfrage. Du kennst den Kleist beziehungsweise seinen Helden Michael Kolhaas. Der sagt zu seinem späteren Richter sinngemäß: Du kannst mich auf das Schafott bringen, aber ich kann dir weh tun. Andere Männer in deinem Alter kaufen sich einen tiefer gelegten Lamborghini in knallrot, aber fechten nicht gegen Windmühlen. Obwohl das war ja wieder Don Quichote.“
Eddy Scharf: (lacht) „Wie auch immer. Ich gehe da mit Gelassenheit an die Sache heran. Ich fühle mich durch meinen Anwalt exzellent beraten und werde mich der Auseinandersetzung stellen.“
G.S.: „Ich hoffe dein Anwalt hat Familie und du weißt wo sein Haus wohnt, weil es wäre nicht das erste Mal, dass ein Anwalt sich auf das Risiko eines Klienten profilieren will. Klappt es, ist er berühmt – oder noch berühmter – und wenn nicht, dann hat der Mandant den schwarzen Peter. Der Optimismus beim Vorgespräch ist meist Teil der Show.“
Eddy Scharf: „Da mache ich mir keinen Sorgen. Mich hat mein Anwalt über alles wohl unterrichtet. Ich habe ihn gesucht und nicht er mich. Am Anfang meinte er, er sei teuer und es sei eine schwierige Materie. Ich halte ihn jetzt nach intensiven Vorgesprächen für äußerst kompetent in der Sache und sein Geld ist er auf jeden Fall wert.“
G.S: „Zum Abschluss noch eine Frage zu einer Sache, die mich als Pokerspieler, Journalist und Gewerkschaftsmitglied beschäftigt. Dass du da deinen Kampf alleine fechten musst, hat ja zweifelsfrei damit zu tun, dass wir keinen Verband oder ähnliches haben. Wärest du da als Veteran nicht ein wenig in die Pflicht zu nehmen gewesen?“
Eddy Scharf: „Sicher eine berechtigte Frage. Ein Verband, der die reinen Interessen der Pokerspieler vertritt, wäre sicher schon lange überfällig. Wobei man fragen muss, was denn die Interessen der Pokerspieler sind. Die Legalisierung von Online-Poker etwa wäre zweifelsfrei das Interesse der Onliner, aber ob dann der Pokerspieler an sich besser gestellt würde, bleibt die Frage. Ich hatte da auch schon mehrfach was initiiert, war es dann aber leid, weil man mir dabei immer schnell persönliche Interessen unterstellt hat. Vielleicht hat uns da auch ein wortgewaltiger Kommunikator wie du gefehlt im Team. Jetzt muss ich mich mal um die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt kümmern und dann können wir gerne in der Sache reden.“
G.S: „Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast und das mit dem „Kommunikator“ wäre mir natürlich eine Ehre. Ich bedanke mich auch im Namen der Leser von Hochgepokert.com und viel Glück.“
Eddy Scharf: „Immer gerne Götz und danke für die guten Wünsche“.