Peter Zanoni und die pokerferne Presse – Kein SMS an Werner Faymann – Die optionale noble Geste

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Man hat es nicht leicht als Mutmacher vom Dienst. Mein Optimismus liegt allgemein scharf an der Grenze der Torheit. Unvorstellbares will ich mir einfach nicht vorstellen. Es gibt keine Eisberge in dieser Gegend und wenn es welche gäbe, könnten sie uns nichts anhaben. Schließlich sind wir Passagiere am größten und feinsten Pokerschiff von allen und unser Kapitän heißt Peter Zanoni. Wobei das bleibt auch in der Realität unser Ass im Ärmel beim Kampf ums freie Poker-Wien. Besagter Peter Zanoni gab heute eine Pressekonferenz im Presseklub Concordia. Prinzipiell eine gute Idee. Die pokerfernen Medien müssen – um im Bild zu bleiben – ins Boot geholt werden. Wir Spartenjournalisten von der einschlägigen Journaille waren selbstverständlich ebenfalls geladen, mehr als moralischer Beistand wie ich annehme. Ernste Gesichter bei den Kollegen vom Pokerpanorama, vom PokerMagazin, von Pokerfirma und Pokernews. Bei jedem Begräbnis herrscht in den hinteren Reihen mehr Heiterkeit, weil es leichter ist das Endgültige des Abtretens zu akzeptieren, statt dem langsam Sterbenden zuzusehen. 

Im Vorfeld der Pressekonferenz wurden die Erwartungen hoch geschürt. „Glücksspielgesetz: Peter Zanoni lässt die Bombe platzen“ titelte das Pokerpanorama. „Pressekonferenz von Peter Zanoni. Platzt morgen die Bombe?“ sicherte sich Pokernews mit einem Fragezeichen ab. Vergleichsweise zahm Hochgepokert.com: „Peter Zanoni gibt nicht auf – Morgen große Pressekonferenz“. Groß und gut besucht war die Veranstaltung jedenfalls. Erst gab es ein einleitendes Referat von Johann Lorenz, dann übernahm Peter Zanoni und erklärte Punkt für Punkt worum es ab dem 1.1.2013 geht und was wohl auf uns zu kommt. Es folgte das übliche Frage und Antwortspiel, bevor sich die beiden anwesenden Anwälte in die Schlacht der Argumente warfen. In der Zusammenfassung für uns Pokerjournalisten wenig neues, somit Zeit genug den eigenen Gedanken nachzuhängen und die Kollegen von den Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen zu beobachten. Einfach recht zu haben ist sehr oft zu wenig, man muss die Ungeheuerlichkeit der Vorgänge auch emotional verstehen. Die privaten Cardrooms stehen nun mal seit ihrer Gründung im schiefen Licht der Ignoranz. Abgesehen davon gibt es scheinbar größere Probleme auf der österreichischen Insel der Seligkeit. Eine von der Leine gelassene Salzburger Referatsleiterin steht im Verdacht €340 000 000 an den internationalen Finanzmärkten verzockt zu haben. Um den Ankauf von ein paar verzichtbaren Abfangjägern gab es ungeklärte  Zahlungsflüsse in unvorstellbarer Höhe. Ganz zu schweigen vom ehemaligen Finanzminister Grasser und dem Rest der einst attraktiven jungen Männer, die ihren Karrierestart wohl nicht zufällig alle auf der Castingcouch von Jörg Haider hatten.  – Kann man sich da als routinierter Journalist der allgemeinen Presse ernsthaft fesseln lassen von einem Nischenproblem der freien Pokerwelt?

Peter Zanoni ringt auch danach in den so wichtigen Einzelgesprächen mit den Medienvertretern um die richtigen Worte und er scheint sie auch  zu finden. Ob es für das erhoffte Feuer reichen wird, bleibt ungewiss. „Nach dieser Pressekonferenz wird es Neuwahlen geben müssen“ hatte mir ein Kollege „garantiert“. Daran habe ich so meine Zweifel. Österreich hält viel aus und dass ein traditioneller Monopolist wie die Casinos Austria nichts unversucht lässt, um einen lästigen Mitbewerber aus dem Weg zu räumen, mag man in deren Logik und Moral durchaus verstehen. Österreich ist ein kleines Land, man kennt sich halt und man trifft sich noch viel öfters. Abgesehen davon sind die Casinos Austria ein gern gesehener Inserent und Sponsor. Dass der CASAG Generaldirektor Karl Stoss  befreundeten oder gut bekannten Nationalratsabgeordneten Durchhalte-SMS schickt und das ausgerechnet am letzten Tag einer möglichen Fristverlängerung für die privaten Cardrooms, reicht zwar für eine ungute Optik, aber mehr kann man daraus auch nicht konstruieren. Hätte ich als kleines Parteimitglied die Handynummer von unserem Bundeskanzler Werner Faymann, würde ich ihm auch täglich zwei SMS schicken: „Mach keinen Blödsinn Werner. Schau dir das bitte nochmals genau an mit den Übergangsfristen. Freundschaft Götz“. 

Bleiben wir noch einen Moment bei den Politikern. Die haben in dieser Sache auf jeden Fall versagt. Aus welchen Motiven auch immer. Wie man es dreht und wendet, die Concord Gruppe um Peter Zanoni hat über neunzehn Jahre jedes relevante Gerichtsverfahren gewonnen. Mehr als 600 Arbeitnehmer könnten bald auf der Straße stehen. Vielen von denen, alles andere als leicht vermittelbar. Die Politik hat außerdem versagt, weil sie aus Feigheit und Unvernunft den falschen Feind bekämpft. Poker ist Teil unserer Gegenwartskultur, holt die Leute von den Bildschirmen in die spannende und echte soziale Interaktion. Schafft Freundschaften quer über alle sonst so starren gesellschaftlichen Schranken. Multikulturelles Leben jede Nacht aufs Neue. Juden, Jugos, Piefkes, Chinesen, Ungarn, Türken, Perser und Österreicher lassen die Weltstadt Wien leben. Tante Jolesch hätte ihre Freude und das soll abgedreht werden? Schande, über jeden Nationalratsabgeordneten, der das nicht verhindert und vor denen kuscht, vor denen man niemals kuschen dürfte. Was für ein absurder Gedanke, die Cardrooms sollen zusperren und die üblen Automatenkaschemmen dürfen offen bleiben. Wer legt sich schon ohne Mut mit den mächtigen Automatenbetreibern an. Österreich „vernovomatict“ zusehends. An jeder dreckigen Ecke von Wien, wo die Bildung fern und die Arbeitslosigkeit hoch ist, gibt es diese kleinen Kämmerchen. Sucht und Leid sind praktisch programmiert, ebenso die garantierte Verlusterwartung wie die zu erwartende Steuereinnahme. Ein Politiker, der sich hinter dem dünnen Mäntelchen des „Spielerschutzes“ versteckt, müsste sich diesem brennenden Problem zuerst stellen. 

Peter Zanoni jedenfalls wird für sein Unternehmen kämpfen. Daran hat die Pressekonferenz sicher nichts geändert. Ob er dabei von den Journalisten der pokerfernen Presse die entsprechende Unterstützung bekommt, bleibt abzuwarten. Was wir Pokerspieler tun können ist jedenfalls klar. Nicht zum ersten Mal in der österreichischen Historie der Nachkriegszeit, wären es die Betroffenen, die einen Umschwung der Politik bewirken. Ab 1. Januar sollten wir Pokerspieler dort sein, wo wir hingehören, nämlich in den Cardrooms und Cardcasinos. Wenn sie schon kommen von den Behörden, dann sollten wir auch das repräsentieren, für das die überwiegende Mehrheit der Pokerspieler auch steht. Den sportlichen fairen Kampf und die Magie des wahrhaft multikulturellen Entertainments. Vielleicht wird Peter Zanoni dieses Engagement seiner Gäste zu schätzen wissen und vielleicht überlegen sich seine Berater und Manager bei der Gelegenheit nochmals die letzte überzogene Rake-Erhöhung. Das wäre eine feine Geste in der schweren Zeit und ein schlauer Fanal für mindestens weitere neunzehn Jahre in der freien Pokerhauptstadt Wien.

Götz Schrage 

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