Kürzlich traf ich einen Mann der wilden Nächte. Unsteter Lebenswandel, sonderbarer Freundeskreis und gewöhnungsbedürftige Umgangsformen. Quasi so wie ich, nur in der Variante: reich und mächtig. „Götz mein Freund“ sagte er zu mir. „Dieses PokerToday ist ja wirklich eine herzerfrischend sympathische Sendung. Macht das wirklich dieser Kang?“. Vielleicht interpretiere ich da auch zu viel in eine kleine Sekunde der mimischen Entgleisung, aber nach meiner Wahrnehmung verzogen sich mindestens zweiundvierzig Gesichtsmuskeln bei der Erwähnung des Namens „Kang“. Ähnlich einem Essigallergiker der in seinem exzellenten Roastbeef-Sandwich unvermittelt auf ein Stückchen Senfgurke beißt. „Mein Boss lässt die Jungs von PokerToday einfach machen und das Vertrauen zahlen sie zurück mit einer guten Sendung nach der anderen“ war meine ehrliche Antwort. „Das stimmt“ sagte er. “Und dieser Knossalla ist wirklich eine Bombe“ – „Nicht nur der“ antwortete ich und dann sprachen wir über fünf Jahre PokerToday und über alle Moderatoren und Sendungen, an die wir uns gemeinsam erinnerten. Somit schreibt sich die folgende Kolumne quasi wie von selbst. Hoffentlich bekomme ich sie trotzdem bezahlt.
Ich bin Fan der ersten Stunde. Ich kann zwar sonst gewissermaßen über alles böse und kritisch schreiben. Bei PokerToday reicht es maximal für eine Laudatio, aber die kommt dafür von Herzen (oder heißt es „vom Herzen“? – nicht einmal das weiß ich vor lauter Leidenschaft). Seitdem man mir beigebracht hat einen Player im Internet zu bedienen, habe ich keine Folge versäumt. Ich gehöre ja sowieso zu einigen Minderheiten, aber angesichts des Faktums, dass ich wohl mehr PokerToday-Sendungen als Pornos gesehen habe, müsste man mich eigentlich von Kerner bis Anne Will schleifen und bestaunen. Als Flugphobiker bleibt mir ja ein großer Teil der weiten Pokerwelt verschlossen. Udo Jürgens war vielleicht noch niemals in New York, aber ich war noch nie in Las Vegas und das wäre viel tragischer, gäbe es nicht die WSOP-Berichterstattung, die mich immer doch irgendwie dabei sein lässt. Dasselbe gilt für die Bahamas und all die anderen spannenden Orte, die vom PokerToday-Team bereist werden. Wäre der Slogan „Mitten drinnen statt nur dabei“ nicht von einem Dutzend Patentanwälten geschützt, müsste man ihn sich fast für PokerToday krallen.
Der Fünfte Geburtstag verpflichtet wohl zu einer kleinen retrospektiven Betrachtung. Es gab ja in der Historie von PokerToday einige Moderatoren und die haben eines gemeinsam, sie alle waren zu ihrer Zeit meine absoluten Lieblinge. Henning Pohl mit hanseatischer Noblesse und feinem Humor ausgestattet und dabei immer wach und bereit für spannende Stories. Ein guter Kollege und wir alle hoffen, dass er eines Tages zu uns Spielern zurückkehrt. Jonas Schorfheide der Bohemian unserer Zunft. Quasi Oscar Wilde in der heterosexuellen Variante. Vom Style einem aristokratischen Großförster ähnelnd, der seine Besitztümer im anthrazitfarbenen Range Rover besichtigt, ohne dass es ihm auch nur für eine Sekunde gelänge, seine widerspenstige Haartolle zu bändigen. Dazu der passende leicht näselnde Tonfall und die Nase immer weit oben, was aber – wie ich eben erstmalig in der Pokerhistorie ausführen durfte – keinesfalls ein Zeichen von Arroganz war, sondern immer der Frisur geschuldet war.
Kommen wir zu Emmanuel Adam. Dem Serge Gainsbourg der Pokerjournalisten. Nur halt kein Jude und kein Alkoholiker, aber sonst ohne Fehl und Tadel. Bis zu seiner „Apperance“ auf Pokertoday, waren 99,978% aller Online-Pokerspieler Männer. Die Frau war Annette Obrestad und ob das reicht, darüber könnte man doch zumindest ernsthaft besorgt sein. Die virile Magie von Emmanuel Adam, seine diabolische Moderation und der morbide Charme seiner Augen haben das für alle Zeiten geändert. Emmanuel, ich will ein Kind von dir und hast du einen Bonus-Code für mich. Die Online-Industrie sollte ihm beizeiten ein Denkmal bauen und ich nehme an, sie wird es auch tun. Und jetzt ein rasanter Sprung in die Gegenwart. Jens Knossalla am Master of the Mic. Poker in Deutschland hat Karriere gemacht. Der Marsch durch die medialen Instanzen. Trash as nice, as trash can be. Vom schicken Nischenprodukt zum realen Teil unserer Gegenwartskultur. Jens Knossalla ist ein weiterer guter Kollege und ein weiterer Glücksfall für Poker. Der einzige Grund, warum mir jetzt keinen geschmeidigen Vergleich einfallen, liegt darin, dass ich so selten die privaten Fernsehkanäle besuche. Aber auch ohne das zu tun weiß ich, das größte Talent der deutschsprachigen Trash-TV arbeitet bei PokerToday. Gott gebe, dass dieser Zustand noch lange erhalten bleibt bevor ihm Pro7 endlich eine eigene Show bezahlt.
Zuletzt doch noch ein paar nette Worten für Ben Kang. Einfach weil er es verdient hat und weil es absolut ungerecht wäre, über fünf erfolgreiche Jahre PokerToday zu schreiben, ohne ihm von Herzen zu der geleisteten Arbeit zu gratulieren. Er ist der Mann im Hintergrund, auf dessen breiten Schultern das ganze ruht. Ohne seinen unternehmerischen Mut und seine Gabe die richtigen Talente zur richtigen Zeit zu erkennen, wäre es zappenduster. Aber trotz allem Respekt vor Ben und seiner Leistung, er bleibt doch „nur“ der Zweitwichtigste. Alle Insider wissen, wer noch fehlt und der fehlt bis jetzt nur, weil er es sich verdient im ehrenhaften letzten Absatz geehrt zu werden. Mr. PokerToday. Der stille Mann hinter der Kamera und am Schneidepult. Mr. Lennart Hennig, der Mann ohne den gar nichts geht. Der nie die Nerven und den Bildausschnitt verliert. Respekt für die Leistung und Danke für all die schönen Sendungen ans ganze Team von PokerToday!
Götz Schrage
PS: Mein sonderbarer Freund und PokerToday-Fan hat seit Dezember aufrichtigen Respekt vor mir. Gemocht hat er mich immer schon, aber seitdem Jens Knossalla in der PokerToday-Sendung anlässlich meines Geburtstags dieses Ständchen in seine Moderation eingebaut hat, werde ich erst wirklich geachtet und respektiert. – Dafür musste ich nicht einmal jemanden umbringen, oder ein Puff abfackeln. So gesehen, hat PokerToday ja quasi etwas für den Frieden in der Stadt geleistet und auch dafür bedanke ich mich.