Wer sich mit den Hunden bettet braucht keine Angst vor Flöhen haben. Selbst getestet und für unbedenklich erklärt. Als Metapher allerdings bleibt das ein Spruch von tiefer Wahrheit. Man muss sich seine Verbündeten auch in schweren Zeiten sehr gut auswählen. Wenn es um eine Regulierung von Online-Poker und generell um Glücksspiel in Deutschland geht, bleibt uns scheinbar nur die FDP. Das macht die gute Sache zwar moralisch nicht leichter, aber pragmatisch betrachtet, bleibt die FDP ein erstklassiger Verbündeter. Der Automaten-Krösus Paul Gauselmann zeigt wie es geht und dient als Flaggschiff der liberalen Klientelpolitik. In einem Bericht des ARD-Magazins „Monitor“ erfahren wir spannende Fakten zur Klüngelei um eine obskure Druckerei, die frei von jeder wirtschaftlichen Vernunft den Besitzer wechselte. Einst gehörte sie der FDP und zum Schnäppchenpreis von 3 Millionen gehört sie jetzt der Gauselmann AG. Selten ein besseres schlechtes Geschäft gemacht und steuerschonend ist das ganze wohl auch. Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland.
Von politischer Seite wird gerne das Argument des „Spielerschutzes“ ins Treffen geführt. Immer wenn es darum geht, restriktive Maßnahmen gegen Pokerspieler und Pokerveranstalter zu rechtfertigen, muss dieses scheinbar ehrenhafte Argument herhalten. Schicken wir halt 100 Mann Sondereinsatzkommando um 15 Spielerseelen zu retten wie unlängst in Heidelberg passiert. Parteiübergreifend allerdings fehlt es an Mut und politischem Willen sich gegen die Krake der Automatenindustrie durchzusetzen. Halbherzige Versuche – wie etwa im Saarland – bewirken nicht das Geringste. Alleine im Saarland ist die Zahl der Spielhallen in den letzten zwei Jahren um 40% gestiegen. Hinweise der Spielhallenbetreiber, sie würden durch „gezielte Schulungen des Personals“ und „Vermittlung von Beratungsstellen“ aktiv gegen das Problem der Spielsucht vorgehen, entsprechen absolut nicht den Realitäten und lassen sich getrost unter schäbige Lippenbekenntnisse verbuchen. Wenn die Gauselmann Stiftung nach guter Presse heischt, weil sie ein Kantinenprojekt der Förderschule Rodenbeck in Minden mit einer €1000 Spende fördert, sträuben sich mir die Nackenhaare. Die Automatenindustrie hat wohl im Schulbereich überhaupt nichts verloren und man sollte sich als Schulbehörde massiv distanzieren. Auf hundert junge Schüler kalkuliert die Gauselmann AG wohl neues Menschenmaterial, damit der Rubel auch noch in Zukunft rollt. Einer der Hundert wird wohl eine Automatenkarriere starten bis zum bitteren Ende der Beschaffungskriminalität, weitere 3-5 werden zocken bis alles Geld weg ist und nur noch Peter Zwegat helfen kann.
Und reagiert die Politik? Selbstverständlich reagiert sie. Im Saarland muss es zwischen zwei Spielhallen eine Mindestdistanz von 500 Metern geben und von 4.00 Uhr bis 10.00 Uhr geschlossen halten. Prompt meldet sich Christian Antz vom „Automaten Verband Saar e.V“ zu Wort: „Wir haben schon über 200 Arbeitsplätze verloren. Nachweisbar durch diese Sperrzeitverkürzung und durch diese Umsatzrückgänge, die da anheim gehen und vor allen Dingen werden wir auch in Zukunft Plätze verlieren, weil wir immer weniger Umsätze machen.“ Christian Antz wird damit keine Massen mobilisieren, aber vielleicht würde sich das ändern, sollte er ein paar tausend Flugblätter drucken lassen. Schließlich hat man ja die Druckerei. Damit wäre auch der Vorwurf der verdeckten Parteienspende vom Tisch, weil wenn man dort arbeiten lässt, macht alles auf einmal einen Sinn. Die Druckerei macht zwar weder Gewinne, noch repräsentiert sie einen aliquoten Markenwert, aber man kann ja nicht nur gute Geschäfte machen. Wir dürfen nicht nur über schlechte Geschäfte staunen, uns bleibt auch noch die Freude einer großen Komödie zusehen zu dürfen. In der Hauptrolle ein Philipp Rösler, der sich mutig anlegt mit der bösen Automatenindustrie, auf der anderen Seite ein etwas outrierender Paul Gauselmann, der über die Konsequenzen all der ach so scharfen Verordnungen jammert und das nahende Ende der profitablen Automatenindustrie voraussagt. Krokodilstränen dürfen vergossen werden.
Jetzt zur Frage, was das alles mit uns Pokerspielern zu tun hat? Leider viel mehr, als man auf den ersten Blick annehmen könnte. Erstens müssen wir uns von der romantischen Vorstellung trennen, dass sich die Politik um unser Wohl Gedanken macht. Der Aspekt „Spielerschutz“ in Sachen Poker findet seine Basis eben nicht in übertriebener Sorge um unser eigenes Urteilsvermögen, sondern dient lediglich als Alibi für eine restriktive Politik gegen ein Business, das scheinbar noch nicht den richtigen Dreh gefunden hat, wie man wahre Überzeugungsarbeit leistet. Oder anders formuliert, hätten die Poker-Lobbyisten die besagte Druckerei gekauft, ständen wir wohl besser da. Zweitens wird es wohl nichts mit der Akzeptanz von Poker auf Grund von guten Argumenten, auch die Frage „Glücksspiel oder Geschicklichkeitsspiel“ ist nur ganz am Rande von Bedeutung. Um ein paar Phrasen zu bemühen, Politik bleibt ein unsauberes Geschäft und Geld regiert zumindest mal diese Welt und das zweifelsfrei und gewaltig. – Ich muss auch meinen persönlichen Ansatz neu überprüfen. Mein Plan war ja, so viele sachlich gut formulierte Kolumnen zu Poker im deutschen Sprachraum zu schreiben, bis sich mal Angela Merkel auf unsere Seite verirrt. Nach der Lektüre meiner Kolumne würde sie dann – so war der Plan – ihren Vizekanzler anrufen und gemeinsam würden sie dann die Liberalisierung des Pokermarktes in kurzer Zeit durchsetzen. Ich bekäme (endlich) die goldene Pokerehrennadel mit Diamant und alles wäre gut. – Daraus wird wohl nichts, aber man kann eben nicht alles haben.
Götz Schrage
PS: Und gestatten Sie mir noch ein kleines Annoncement in eigener Sache aufzugeben. Ich habe einen EPSON Espression Premium Drucker angeblich auch kabelfrei druckfähig. Jedenfalls, funktioniert er nicht wirklich. Weder kabelfrei noch angeschlossen. Manchmal druckt er Fragmente von Seiten und diese gleich mehrfach, meist flackern nur unruhige Lichter und er macht sonderbare Geräusche. Wie auch immer, ich werde den Drucker verkaufen. Vielleicht lesen ja die Chefeinkäufer der Gauselmann AG (Abteilung: New Business) hier mit. Fände €25 000 einen fairen und angemessenen Preis. Könnte auch sein, dass ich nach diesem Geschäft meine Meinung neu überdenke. Unter Umständen freue ich mich dann auch über Pressemeldungen der Stiftung Gauselmann zu Schulbesuchen und sonstigem. Angebote bitte an schrage@hochgepokert.de