Großeinsatz im Grazer Alpha Casino. Wir von Hochgepokert.com haben ausführlich darüber berichtet. Scheinbar kursieren aktuell die wildesten Gerüchte und entsprechend steht mein Telefon nicht still. Menschen, die mich mögen und respektieren, stellen mir die immer gleichen Fragen. Soweit so normal. Allerdings – und das verwirrt mich tatsächlich – auch oberflächliche Bekannte, die sonst so gar nichts auf meine Einschätzung geben, kuscheln sich an die Hörmuschel, um mit mir zu parlieren. Das müssen wohl meine grauen Haare sein, die fälschlicherweise Weisheit vermitteln. Jedenfalls Zeit für einen Text zur Lage der Pokernation. Vier große Fragen und vier mittelprächtige Antworten.
Handelt es sich bei der Razzia in Graz um eine koordinierte Aktion? Folgt dem Sturm auf Graz unmittelbar der Großangriff auf die Wiener Cardrooms?
Möglich ist vieles. Selbstverständlich könnte es auch in Wien zu einer behördlichen Nachschau kommen. Allerdings wäre das garantiert ein Zufall. Völlig auszuschließen ist eine bundesländerübergreifende und somit zentral gesteuerte Aktion. Wir sind immer noch in Österreich bitte schön. Im Land der charmanten Possen und Schildbürgerstreiche. Quasi Ostfriesland ohne Meer und ohne Otto. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Behörden in Graz und Wien absprechen und ihr Einschreiten aufeinander abstimmen liegt bei Null. Außer Toni Polsters Rauhaardackel würde gestohlen, oder bei sonstigen wirklichen Problemen.
Hat sich die Finanzpolizei inzwischen entsprechend ihrer neu gestellten Aufgaben informiert? Muss man sich als Cardroom-Besitzer und Spieler also auf einen fachkundigen und investigativen Beamten einstellen?
Wie man es nimmt. Zumindest der Einsatzleitung würde ich zugestehen, dass sie freihändig zwischen Poker und Halma unterscheiden könnten. Zumindest solange die Halma-Spieler ihre Würfel nicht verstecken. Ungelogen und von gewöhnlich wohl unterrichteten Kreisen bestätigt, der Grund warum sich die steirische Finanzpolizei schwerpunktmäßig für die Turnierspieler interessierte, lag ganz eindeutig am Buy-in. Die magische Summe der verruchten Illegalität ist nun mal zehn Euro! Omaha Cashgame mit Blinds €5/5 interessiert nicht. Kostet ja nur fünf Euro die Teilnahme. Ein Freeze out Turnier mit einem Buy-in von €15 ist aber zweifelsfrei illegal. – Hatte ich schon das mit den Schildbürgerstreichen erwähnt?
Hat sich für den Spieler atmosphärisch etwas verändert? Ist es unangenehm und persönlich belastend in eine Razzia zu geraten?
Das kann man beruhigend dementieren. Vielleicht erklärt sich das mangelnde Fachwissen der Behörden auch mit dem durchaus verständlichen Gefühl, in einer absoluten sinnfreien Zone zu ermitteln. Es kann ja – im Sinne des großen Weltgefüges – kaum mehr an Verschwendung von hochgerüsteter Manpower geben, als die Erstürmung so eines harmlosen Turniers. Würde man das Geld und die Zeit nutzen, um auf Kinderspielplätzen den Reifendruck bei Bobby Cars zu sichern, wäre das ein enormer Fortschritt im Sinne der Volkssicherheit. Ein €20 Turnier als gesellschaftlich bedrohlich und einschreitwürdig darzustellen, da muss man die Wahrheit schon mehr als nur ein wenig verbiegen.
Können wir Pokerspieler eigentlich etwas tun? Oder warten wir einfach mit gesenktem Haupt, bis die Finanzpolizei im Cardroom unseres Vertrauens einmarschiert?
Selbstverständlich können wir das. Reden, agieren, diskutieren und „netzwerken“. In Österreich wurden Zwentendorf und Hainburg verhindert und das ohne Handy und Facebook. Alles geht. Sprechen Sie mit ihrem Nachbarn, mit ihrem Bezirksrat oder mit Hansi Hinterseer (wenn sie ihn treffen). Es gilt an allen Ecken aufzuklären und positive Stimmung zu machen. Gerade die wohlmeinenden Linken verwechseln da etwas. Die Drecksbagage von Automatenaufstellern, die ganze Straßenzüge des Elends erschafft, soll und darf nichts mit uns zu tun haben. Die ganzen Initiativen gegen das sogenannte „Kleine Glücksspiel“ sollen dort ansetzen, wo sie Leid und Unglück über die Menschen bringen. Das sind die Automatenkaschemen um die Ecke. Das kleine Pokerturnier ist – im moralischen Sinne – irrtümlich ins Sperrfeuer geraten und nur wir gemeinsam, können uns bemühen es da wieder raus zu holen. Glauben wir einfach gemeinsam an eine grundsätzliche Urvernunft. – Alles wird gut.
Götz Schrage
PS: Die Halma-Spieler können ihre Würfel wieder auf den Tisch legen.