„Haben Sie nicht bezahlt? Warum haben Sie nicht bezahlt? Verstehen Sie mich nicht? Sprechen Sie deutsch? Do you speak english?“ Sie ist wirklich hübsch und wirklich wütend. Ihre Augen funkeln und ihr Körper bewegt sich zum Rhythmus ihrer Worte. Sie ist auch noch zornig und der Zorn steht ihr gut. Ein paar Meter hinter ihr steht ein Mann im Anzug, weil sicher ist sicher und ich fürchte mich auch, aber nicht vor dem Mann. „Ich verstehe deutsch“ sage ich, obwohl ich sonst nichts verstehe. „Die anderen holen ihr Essen und zahlen da.“ Die wütende junge Dame zeigt in Richtung einer Art Notkasse. „Ich dachte, ich esse erst und zahle dann alles.“ sage ich. „Die anderen zahlen da“, wiederholt sie und ich bin schon überzeugt. Vor zwanzig Jahren hätte ich mich garantiert mit ihr verabredet und hätte gehofft, dass der nickende Typ im Hintergrund nicht ihr Mann ist. Obwohl, vor zwanzig Jahren wäre mir das auch egal gewesen.
Buffets meide ich. Wahrscheinlich bin ich sogar eine Art Buffettphobiker, weil mich die Menschen in Schlangen nervös machen und ich immer in Sorge bin, irgendwas zu essen, was irgendwer schon angefasst haben könnte. In der Personalkantine der EPT-Wien muss man sich da keine Sorgen machen. Hinter den silbernen Warmhalteboxen steht ein großer, breiter Mann und teilt aus. An dem kommt kein Grapscher vorbei. Auf der Stirn hat er eine kleine Narbe. Neben dem rechten Mundwinkel eine große. Solche Narben bekommt man nicht vom Hanteltraining und diesem wehrhaften Mann vertraue ich mich auch gerne an. Ich will Essen testen. Ich will essen, was die Dealer essen, weil einer muss diesen Job ja tun und am Anfang läuft auch alles nach Plan. „Einmal eine kleine Portion Rindsgulasch und ein Serviertenknödel“. Der breite Mann raist auf drei Knödel. „Eines bitte, eines reicht.“ Dann packe ich mir auf einen extra Teller noch den Krautsalat, nehme mir das schönste Plastikbesteck der Welt im schicken Alu-Design und setze mich in die entferntest mögliche Ecke. Die Kasse am Ende des Ganges ignoriere ich, noch nicht ahnend wie sehr mich das später aus meiner Unauffälligkeit reißen wird. Kurzkritik: Gulasch ausgezeichnet. Besser als in den meisten schicken Lokalen, wo ich das sonst auch ganz gern esse. Zweite Runde, Cannelloni mit Sauce nach Wahl. Ich entscheide mich für die Carbonara. Auch da gibt es nichts zu meckern. Die Desserts hätte ich auch gerne gegessen, aber dann kam das strenge Mädchen und mir hat in Folge der Mut gefehlt für weitere Verwirrungen. Selbstverständlich habe ich mich brav zur Kassa begeben und bezahlt, was zu bezahlen war. Äußerst fairer Preis kann ich sagen. Für einmal Maximum Rake am großen Omaha-Tisch speist man in der Personalkantine die ganze Woche und es schmeckt ausgezeichnet. Ich komme fix wieder (wenn man mich lässt).
Das EPT Media-Turnier. Drinks for free. Spaß und Spannung garantiert. Es wird ein kurzer und heftiger Bericht werden. Kurz deswegen, weil nur einer von zwei Russen (nach einer dürftigen Spielererklärung) vor mir ausgeschieden ist. Ich habe am Button xxxxx xxx xxxxxx xxxxx und dann xxxxx. Ich xxxxxx und die xxxxx xxxxx und xxxxx xxxxx verfickte xxxx. Aber xxxxx xx xxxx xxxx xxx. Und am xxx xxxxx xxxx xxxxxxx xxx. Leider xxxx xxxxx xxxxx xx xxxxxx xxxxxx xxx xxxxx Hurenriver. Und somit xxxx xxxxx xxxxx xxxx. Ende.
Hotel Sans Soucis. Jan-Peter Jachtmann und das teuerste Penthouse der Stadt. Für die, die in der Schule nicht aufgepasst haben, „san soucis“ kann man mit „ohne Sorgen“ übersetzen, aber das passt im konkreten Fall so gar nicht. Obwohl, Jan-Peter Jachtmann ist mehr verärgert, denn besorgt. Bei der EPT Wien ist er aktuell gesperrt und dafür, kann es keinen guten Grund geben. Dafür müsste ich gar nicht groß recherchieren. Natürlich habe ich gehört von dem Highroller Game oben im Penthouse. Sam Trickett spielt da regelmäßig, Noah Boeken, Florian Langmann, Ronny Kaiser und viele mehr, schauen vorbei. Die Dealerinnen sind hübsch, Getränke und Essen sind gratis und das Rake ähnlich hoch, wie in allen Häusern. Die Finanzpolizei war auch schon da. Ob geschickt, oder tatsächlich rein zufällig, wer weiß das schon. Jedenfalls war alles in Ordnung. Ähnlich der Konstruktion in der Hofburg – so berichtet Jan-Peter Jachtmann – hat ein anderer lizensierter Cardroom eine temporäre Standortverlegung angemeldet und somit sollte alles in Ordnung sein. Jan- Peter Jachtmann war immerhin seit15 Jahren Gast im CCC. Quasi der Treueste von allen, wenn sich viele angesagt hatten von der Pokerprominenz und wenige kamen, Jan Peter Jachtmann war immer gestellt und jetzt versteht er die Welt nicht mehr so ganz. Er redet immer schnell, heute redet er schneller und deutlich weniger vorsichtig als sonst. Wäre ich so skrupellos, wie ich eigentlich gerne wäre, würde ich in dieser Situation gütig nickend mitschreiben und hätte die Top-Story. Aber ich mildere ab, überhöre nobel und bevor ich was notiere, weise ich Jan dreimal explizit darauf hin. „In meinem ganzen Leben war ich noch wie wo gesperrt. Ich finde das respektlos. In meinem ganzen Leben noch nicht. Verstehst Du das Götz?“ Klar verstehe ich das rein theoretisch, obwohl ich schon mehr Lokalverbote hatte, als Jan Falten im Gesicht. Dass die Hoteldirektorin mit rechtlichen Konsequenzen bedroht worden sein soll, will ich einfach nicht glauben. Notieren tue ich es trotzdem. „Weiß du Götz. Es kann ja sein, dass der Herr Zanoni der Poker-Macher von Wien ist, aber er muss lernen, dass gleiches Recht für alle gilt. Wir tun nichts Illegales. Es wurde alles geprüft und wir schleppen auch nicht, oder tun sonst unredliches. Wir bieten einfach ein hohes Spiel an im teuersten Penthouse der Stadt. Dass ich deswegen bei der EPT-Wien gesperrt worden bin, kann ich gar nicht verstehen.“ Starker Tobak. Ich vergewissere mich zweimal, ob ich das so schreiben darf und verlasse das Sans Soucis. – Gregor Reichhardt begleitet mich nach draußen und erzählt mir von der EPT Player-Party. Dort wurde er auch des Hauses verwiesen und Sam Tricket ist gleich aus Loyalität mit raus gegangen. Aber egal, die nächste EPT kommt bestimmt. Schon am 10.April startet San Remo. Jan-Peter Jachtmann wird selbstverständlich gern gesehener Spieler dort sein und auch Gregor Reichhardt wird dort keine Probleme haben. Manchmal ist Wien wirklich anders und nicht immer ist das ein Kompliment.
Götz Schrage