Knifflige Situationen gibt es immer wieder. Die verschiedenen Reglements sind eine Wissenschaft für sich. Daher haben wir 7 renommierte Turnier Direktoren zu einer grenzwertigen Situation befragt.
Handbeschreibung:
Die folgende Situation spielte sich bei einem No-Limit Hold’em Cash Game mit Blinds von €2/€4 ab. Spieler #1 open raist auf €14 und bekommt zwei Caller (Spieler#2 und Spieler#3). Spieler #4 re-raist All-In für €500, daraufhin geht sein Nachbar Spieler #5 ebenfalls All-In für €506. Spieler #6 foldet seine Hand in Richtung seines rechten Nachbarn, dessen Chips schon alle in der Mitte waren. Der Dealer nimmt nun die Karten von Spieler #6 und ausversehen auch die vom All-In Spieler #5 und schiebt sie in den Muck. Alle anderen folden. Nun haben wir das Problem, dass zwei Spieler All-In sind und nur noch Spieler #4 seine Hand besitzt, da die Karten von Spieler #5 ausversehen vom Dealer gemuckt wurden.
Wie würden Sie entscheiden?
Natürlich macht der Dealer einen schweren Fehler, indem er die Karten einzieht. Dennoch ist jeder Spieler selbst dafür verantwortlich seine Karten zu schützen. Daher würde ich den Einsatz von Spieler 5 nicht zurückgeben. Da er keine Karten mehr hat, aber nur ein Spieler den Pot gewinnen kann, der noch Karten auf der Hand hält, gewinnt Spieler 4 und bekommt den Pot zugestellt.
Cash Game und Turnier sind sehr verschieden und das wirkt sich auch auf die Regelauslegung und die Entscheidungen aus. Dennoch gilt in beiden Fällen: Der Spieler muss seine Karten schützen und ist dafür selbst verantwortlich. Trotzdem würde ich im Cash Game Spieler #5 seinen Einsatz komplett zurückgeben und Spieler #4 gewinnt den verbleibenden Pot. Sollten die Karten von Spieler #5 noch nicht mit dem Muck vermischt sein, dann würde ich im Cash Game ausnahmsweise den Spieler fragen, welche Karten er gehabt hat und ihm diese zurückgeben.
Um in so einer Situation die richtige Entscheidung zu treffen, ist es notwendig genau zu verstehen wie sie sich im Detail abgespielt hat. Hat Spieler #5 seine Karten schlecht positioniert oder doch relativ normal? Hat er sofort reklamiert oder ist er erst später drauf gekommen, dass seine Hand gemuckt wurde? War das All-in von Spieler #5 für den Dealer klar ersichtlich?
Aufgrund der vorliegenden Informationen würde ich entscheiden, dass es sich hier um einen Dealerfehler handelt und Spieler #5 seine Chips zurück bekommt, Spieler #4 gewinnt den Pot.
Streng nach Reglement würde Spieler 4 den Pot erhalten, wenn die Hand von Spieler 5 nicht mehr eindeutig zu identifizieren ist. Jeder Spieler muss seine Hand schützen, um solch eine Situation nach Möglichkeit zu vermeiden.
In diesem Fall sehe ich bei dieser Preflop Action die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben. Aus Gründen der Fairness und zum Frieden des Tisches und des Dealers würde ich Spieler 5 €492 zurückgeben und Spieler 4 den Pot in Höhe von €56 zuteilen.
Im Sinne der Fairness wird das Spiel annulliert und alle Einsätze an die Spieler zurückgegeben. Wir machen jedoch den Spieler auf Platz 5 darauf aufmerksam, dass er bitte in Zukunft seine Karten besser schützen soll!
Jeder Spieler ist für den Schutz seiner Hand selbst verantwortlich. Wenn die Karten im Muck sind, dann können sie nicht zweifelsfrei identifiziert und somit auch nicht für das aktuelle Spiel zugelassen werden. Es folgt die harte Entscheidung nach der Regel, der Pot (inklusive der 500 Euro von Spieler 5) geht an Spieler 4, er ist der Einzige der noch über eine aktive Hand verfügt. Spieler 5 bekommt noch sechs Euro zurück.
Grundsätzlich ist ein Spieler dafür verantwortlich seine Hand zu schützen. Sollte ein Dealer die ungeschützte Hand eines Spielers mucken, hat der Spieler keine Regressansprüche und kann auch kein Geld aus dem Pot zurückerhalten. Sollten also die Karten von Spieler #5 nicht mehr rekonstruierbar sein, erhält er nur die überschüssigen €6 zurück, da ja kein anderer Spieler seine €506 gecallt hat und Spieler #4 erhält den Pot.
Bei Blinds von €2/€4 sind €500 allerdings ein sehr hoher Einsatz und der Verlust von diesem Betrag für Spieler #5 eine unverhältnismäßig hohe Bestrafung, zumal ihn am Entstehen dieser Situation nur eine geringe Teilschuld trifft. Denn zum einen passt Spieler #6 seine Karten sehr unglücklich in Richtung der Karten von Spieler #5, zum anderen war auch der Dealer sehr unaufmerksam, da durch den recht großen vor der Betline gesetzten Stack von Spieler #5 offensichtlich war, dass dieser seine Hand nicht passen will.
In diesem Fall würde ich Spieler #5 seinen All-In-Satz von €506 zurückgeben und Spieler #4 den Pot zusprechen.
Es wäre wünschenswert, wenn es ein einheitliches Reglement geben würde und danach auch entschieden wird. Es darf nicht sein, das die Floors unterschiedliche Entscheidungen treffen. Zwei Floors mit drei Meinungen im gleichen Casino verunsichern die Gäste nur …