Die Winner Strategie
Autor: Bodo Sbrzesny
Viel wird über Mathematik geredet und teilweise wird es dann so kompliziert, dass man schon fast einen Abschluss dafür braucht, um es zu verstehen. Oftmals gibt es Strategien, die den Erfolg versprechen und hunderte Bücher schreiben über dasselbe Thema. Heute möchte ich versuchen, euch einen relativ einfachen Tipp zu geben!
Es handelt sich um die Informationsverwertung in bestimmten Situationen. Im Spiel „Poker“ geht es darum soviele Informationen wie möglich zu sammeln, um damit die bestmöglichen Entscheidungen treffen zu können. Wenn wir einen Gegner nicht kennen, wissen wir nicht, wie häufig er blufft oder wie groß seine Bets bei einem Bluff sind. Genauso wenig wissen wir, wie ein Gegner reagiert, wenn er ein Monster hat. Möchte er mit seiner tollen Hand immer eine Falle stellen und spielt sie langsam oder bettet er sie stark durch, da er ja weiß die beste Hand zu halten?
Die einfachste, allerdings auch sehr wichtige, Information wäre z.B. wie viele Hände spielt mein Gegner? Ist er also loose und spielt viele Hände, mit denen er den Flop sehen möchte, oder ist er eher tight und spielt nur Premium-Hände, mit denen er die komplette Hand durch leichtere Entscheidungen hat?
In der heutigen Welt des Internets ist es relativ einfach, Informationen der Gegner zu bekommen! Man kann sogenannte „Handhistories“ auswerten, wenn sie von der Pokersite in einem Ordner gespeichert werden oder noch einfacher sie in bestimmten Programmen (z.B. Holdem Manager oder PokerTracker) direkt auswerten lassen. Beim Livepoker bekommt man diese Informationen durch Beobachten des Spiels und des Gegners.
Es ist sehr wichtig zu wissen, wie ein Spieler in bestimmten Situationen reagiert. Checkt ein Spieler ein schlechtes Top Pair immer nur, können wir oftmals soviel Druck auf den Spieler ausüben, dass er spätestens am River die Hand folden sollte. Damit muss man allerdings sehr vorsichtig umgehen und dies klappt nur bei erfahrenen Spielern. Ein gutes Beispiel sind die sogenannten „3-barrels“ in denen wir am Flop, Turn und River Stärke zeigen und betten. Sagen wir auf einem Board von A83 hat unser Gegner A5 und checkt. Natürlich callt er hier eine Bet von uns, denn er hat immerhin Top Pair! Am Turn kommt ein J und wir betten wieder, nachdem unser Gegner gecheckt hat. Nun wird unser Gegner schon eine schwere Entscheidung haben, da er gegen nichts vorne liegt, was wir zweimal betten, außer einem Bluff. Wir repräsentieren mindestens ein besseres Ass. Noch schwerer wird es für ihn, wenn er den Turn callt und am River nach einem Check wieder eine Bet unsererseits anschauen muss. Nun, wie kommt jetzt eine „Information“ ins Spiel? In diesem Fall würden wir davon ausgehen, dass unser Gegner am Flop oder spätestens am Turn mit A8, A3, AJ, J8 (also allen Two-Pair-Händen) und AA, 88, 33 oder JJ (also allen Sets/Drillingen) ein Raise anbringt. Ausserdem wird unser Gegner AK oder AQ (Top Pair und guter Kicker) auch oft raisen, wenn er sich sicher damit fühlt. Hände wie 83 oder J3 vernachlässige ich, da sie sehr selten gespielt werden. Wenn wir nun sehen, welche Hände er zweimal gegen eine Bet unsererseits callen wird, dann bleiben da häufig nur sehr schlechte Ax Hände in seiner Range übrig und nun geht es darum den Gegner einzuschätzen! Am besten machen wir das schon vor der Hand, damit der Plan für die Hand mit den uns zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen steht. Die Frage wird lauten: „Wird unser Gegner sein schlechtes Top Pair hier noch folden, wenn wir weiterhin Druck machen“? Falls er sein Top Pair sowieso nie weglegt, brauchen wir so einen Move gar nicht erst zu starten und können uns oft schon die zweite Bet sparen! Ist er clever genug die Situation zu verarbeiten und erkennt, dass er eigentlich nicht vorne liegen kann und foldet oft genug sein schlechtes Top Pair gegen drei Bets, dann ist der Move sicherlich profitabel.
Bei den gewählten Betgrößen sollte man sich fast immer zwischen 50-100% der aktuellen Potgröße bewegen.
Bluffs sehen oft unkoordiniert aus, wenn jemand mit der Brechstange den Pot gewinnen will. Bei den Profis hat es allerdings nur den Anschein als wäre es so. Alles ist sehr gut durchdacht. Sie arbeiten nahezu perfekt mit allen Informationen, die sie haben und können den Gegner dadurch in vielen Situationen bis ins kleinste Detail einschätzen. Wer auf den hohen Limits nicht in der Lage ist sein Spiel auf den Gegner massiv anzupassen, der ist ein gefundenes Fressen für die „Sharks“.
Nach dieser längeren Einführung in Gedankengänge und die Verwertung der bekommenen Informationen möchte ich zum Hauptbeispiel meines Tipps an euch kommen. Dabei handelt es sich um die Betgröße, die mein Gegner in bestimmten Situationen wählt. Gerade auf kleineren Limits zeigen die Betgrößen oftmals die Handstärke der Gegner. Bettet mein Gegner also nur 20% vom aktuellen Pot, so hat er meistens nicht mal ein Top Pair und möchte entweder billig die nächste Karte sehen oder soviel ist ihm sein zweit- oder dritt-bestes Pärchen wert. Bettet ein Gegner genau den Pot, hat er häufig eine extrem gute Hand. Man sollte hier mindestens von Top Pair mit sehr gutem Kicker (Beikarte) ausgehen.
Natürlich sind solche Aussagen nicht in 100% der Fälle zutreffend, aber was ist im Poker schon 100%? Preflop hat man fast immer eine 20%ige Gewinnchance, auch gegen AA! Wie so oft im Poker gibt es aber Aktionen, die im Schnitt öfter funktionieren und andere eben nicht. Ich hoffe, dass ihr euer Spiel auf Dauer mit diesen Hilfen verbessern könnt.
Ich möchte euch am Ende noch ein komplettes Handbeispiel für die Bet Sizes geben. Wir halten AJ und sehen ein Board von 259, unser Gegner bettet 25% des Pottes, was z.B. 2$ Bet in 8$ Pot entsprechen würde. Am Turn kommt eine Q und unser Gegner bettet wieder 2$, diesmal allerdings schon in einen 12$ Pot. Hier ist nicht davon auszugehen, dass unser Gegner die Q getroffen hat, was wir schon aufgrund der Betgröße herausfiltern können! Somit hat unser Gegner hier die 9, die 5, Overcards oder einen Gutshot. Wir können hier schon raisen, wir können aber auch nur callen und weitere Informationen am River sammeln. In unserer Beispielhand kommt nun eine 3 am River und sogar das dritte Pik und somit wäre ein Flush möglich. Unser Gegner bettet wieder 2$, diesmal in den mittlerweile 16$ großen Pot. Wir haben gar nichts und wollen nicht nur callen und gegen ein sehr kleines Pair des Gegners verlieren. Durch die bekommenen Informationen können wir allerdings raisen, da wir die Q als Top Pair beim Gegner ausschließen und er den Flush am River sicherlich auch größer betten würde. Ein Raise auf 18$ müsste hier zu 50% klappen, damit wir breakeven sind! Wir müssen 18$ für den Raise investieren um 18$ (16$ Pot + seine 2$ Bet) zu gewinnen, klappt es öfters dann machen wir damit Gewinn.
Autor: Bodo Sbrzesny