Vier Bracelets – Aber wo sind die neuen Danzer, Lakemeier & Co.?

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George Danzer (GER)

Die Jubiläums-WSOP 2019 verlief für die deutschen Spieler sehr erfolgreich. Wie bereits 2014 und 2015 konnten unsere Cracks in Las Vegas vier Bracelets gewinnen, daher könnte man durchaus zur Tagesordnung übergehen und ein positives Jahr resümieren.

NLHE und PLO, aber sonst?

Nicht alles, was glänzte, war aber Gold. Denn trotz der vier Titel mit dem großen Höhepunkt am Schluss setzte sich eine Entwicklung fort, die sich spätestens im Vorjahr schon angedeutet hatte.

Poker-Deutschland, und das gilt mit den rühmlichen Ausnahmen Ivo Donev und Hanh Tran auch für Österreich (und die Schweiz), entwickelt sich immer mehr zu einem Land, in dem fast nur noch No-Limit Hold’em und Pot-Limit Omaha gespielt werden.

Ivo Donev ist noch ein Allrounder vom alten Schlag

Natürlich ist Hold’em wie beim Online-Poker auch bei der WSOP längst die absolut dominierende Variante geworden. 23 Turniere werden jedoch nach wie vor in exotischeren Varianten entschieden und – was schwerer wiegt – die Felder sind dort deutlich kleiner und damit die Bracelet-Chancen höher.

Überblick über die bisherigen deutschsprachigen Bracelet-Gewinner

Schauen wir zunächst auf die bisher 33 deutschen Bracelet-Gewinner (mit den beiden vierfachen Siegern George Danzer und Dominik Nitsche) und die jeweils zwei Schweizer und Österreicher, die einen der größten Titel holen konnten, die es beim Poker zu gewinnen gibt.

Man sieht, dass – von den Pionieren Rohnacher, Scharf und Donev abgesehen – alle Bracelets in den Jahren nach dem maximalen Ausschlag des Pokerbooms 2006 (als 8.773 Teilnehmer beim Main Event mitmachten) gewonnen wurden.

Deutschsprachige Bracelet-Gewinner
Deutschland
Matthias RohnacherPot-Limit Omaha1997
Eddy ScharfLimit Omaha2001
Eddy ScharfLimit Omaha2003
Michael KeinerSeven Card Stud2007
Katja ThaterRazz2007
Thomas BihlH.O.R.S.E.2007WSOPE
Jens VörtmannH.O.R.S.E.2008
Sebastian RuthenbergSeven Card Stud Hi/lo2008
Martin KläserPot-Limit Omaha Hi/lo2008
Carsten JohNo-Limit Hold'em2009
Jörg PeisertNo-Limit Hold'em2009
Pius HeinzNo-Limit Hold'em (Main Event)2011
Jan-Peter JachtmannPot-Limit Omaha (Championship)2012
Dominik NitscheNo-Limit Hold'em2012
Martin FingerNo-Limit Hold'em 6-max2013
Nikolaus TeichertNo-Limit Hold'em2013
Florian LangmannPot-Limit Omaha Hi/lo2014
George DanzerRazz (Championship)2014
George DanzerSeven Card Stud Hi/lo (Championship)2014
George Danzer Eight Game2014Asia
Dominik NitscheNo-Limit Hold'em (National Championship)2014
Dominik NitscheNo-Limit Hold'em2014
Paul MichaelisPot-Limit Hold'em2015
Adrian ApmannNo-Limit Hold'em2015
Paul HöferNo-Limit Hold'em (Little One Drop)2015
Dietrich FastNo-Limit Hold'em2015WSOPE
George Danzer Seven Card Stud Hi/lo (Championship)2016
Fedor HolzNo-Limit Hold'em (One Drop)2016
Dominik NitscheNo-Limit Hold'em (One Drop)2017WSOPE
Christopher FrankNo-Limit Hold'em2017
Jens LakemeierBig Bet Mix2017
Sebastian LangrockNLHE/PLO Mix2017
Andreas KlattPot-Limit Omaha2017WSOPE
Johannes BeckerMixed Triple Draw Lowball2018
Arne KernNo-Limit Hold'em (Millionaire Maker)2018
Giuseppe PantaleoNo-Limit Hold'em (Tag Team mit Nikita Luther)2018
Ismael BojangPot-Limit Omaha2019
Jonas LauckNo-Limit Hold'em2019
Max KlostermeierPot-Limit Omaha2019
Hossein EnsanNo-Limit Hold'em (Main Event)2019
Österreich
Ivo DonevLimit Omaha2000
Hanh TranLowball Limit Triple Draw2018
Hanh TranPot-Limit Omaha2018WSOPE
Schweiz
Guillaume HumbertNo-Limit Hold'em 6-max2011WSOPE
Hugo PingrayNo-Limit Hold'em2014

Es macht vermutlich allen Pokerinteressierten Spaß, sich durch die Namen Katja Thater, Sebastian Ruthenberg oder Martin Kläser zu klicken und dabei gelegentlich mit der Zunge zu schnalzen oder ein Aha von sich zu geben. Auffällig sind aber die Disziplinen, in denen die Titel geholt wurden.

Wer erinnert sich an diesen Bracelet-Gewinner?

15 dieser 45 Bracelets wurden in Varianten wie Stud Hi/lo, Razz oder gar Limit Omaha errungen, die online nur eine marginale Rolle spielen, in Live-Casinos im deutschsprachigen Raum kaum noch bis gar nicht angeboten werden und die auch bei der WSOP überschaubare Teilnehmerfelder aufweisen.

Wer dabei glaubt, die Anzahl der Hold’em-Turniere wäre im Laufe der Jahre gestiegen, irrt. Bei der WSOP 2006 wurden 9 von 45 in exotischen Varianten ausgetragen, 2011 waren es 15 von 58 und dieses Jahr hieß es bei 23 von 90 Turnieren „no No-Limit Hold’em“!

Danzer, Lakemeier und Hausen fehlen

Zwar war die deutschsprachige Pokerszene auch bei der diesjährigen WSOP sehr stark vertreten, aber die Auftritte beschränkten sich fast ausschließlich auf Hold’em- und Pot-Limit Omaha-Turniere.

Ist Isi Bojang der letzte deutsche Allrounder?

An etlichen Turnieren, bei denen H.O.R.S.E., Stud, Razz oder Eight Game gespielt wurden, nahm kein einziger Deutscher teil. Immerhin Max Kruse erbarmte sich bisweilen und verpasste keinen Lowball-Event, aber der geht im normalen Leben bekanntlich einer anderen Profession nach.

Da auch Ismael Bojang (der in der POY-Wertung als einziger Deutscher neben Ensan unter den Top 100 liegt) dieses Jahr auf die Championship-Turniere verzichtete, fanden viele Disziplinen-WMs dieses Mal ohne einen einzigen Deutschen statt. Auch die renommierte Poker Players Championship musste ohne DACH-Spieler auskommen – hier hatte Johannes Becker verzichtet, der im Vorjahr lange gut mitgemischt hatte.

Dabei ist es gerade einmal fünf Jahre her, dass sich mit George Danzer ein Deutscher den POY-Titel mit gleich drei Bracelets in einem Jahr sicherte. Die Varianten damals hießen Razz, Seven Card Hi/lo und Eight Game. Und vor gerade einmal zwei Jahren schnappte sich mit Jens Lakemeier ein weiterer deutscher Allrounder ein Bracelet im Big Bet-Mix.

Jens Lakemeier

Leider haben sich diese beiden Spieler (hoffentlich nicht endgültig) seitdem aus dem WSOP- (und Poker-)Zirkus zurückgezogen, und dasselbe gilt offenbar für Namen wie Alexander Jung, Sebastian Ruthenberg, Markus Golser oder Tobias Hausen, die langjährigen Beobachtern der Szene ein Begriff sein werden.

Wird es noch einmal einen deutschen POY geben?

Poker-Allrounder waren im deutschsprachigen Raum trotz der genannten Spieler schon immer selten. Die aktuellen Entwicklungen geben derzeit aber wenig Hoffnung, dass wenigstens zwei oder drei Spezialisten aus hiesigen Breiten sich ins Stud-, Razz- oder HORSE-Getümmel stürzen.

In den Casinos wird fast nur noch Hold’em und mit Abstrichen Pot-Limit Omaha gespielt, und auch der Online-Markt wird bis auf wenige Ausnahmen wie die WCOOP oder SCOOP stark von Hold’em dominiert.

Wer lässt sich wie Max Kruse von George Danzer inspirieren?

Insofern ist es auch verständlich, dass sich die meisten hiesigen Profis – auch beim Training und der Analyse – auf Hold’em und/oder Omaha konzentrieren und darauf setzen, in möglichst naher Zukunft ein hohes Preisgeld bei einem großen Turnier abzustauben.

Damit sich noch einmal ein deutschsprachiger Spieler den POY-Titel oder wenigstens ein Exoten-Bracelet holt, braucht es hungrige Akteure mit dem gewissen Enthusiasmus für diese Varianten und dem Biss, sich gegen die amerikanischen Altstars durchsetzen zu wollen.

Ob es diese (wieder) geben wird, muss die Zukunft zeigen. Aus Sicht der deutschsprachigen Pokerfans wäre es jedenfalls schön, wenn George Danzer nicht der letzte Deutsche in den Annalen des POY bliebe!

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