Der deutsche Poker-Star und Card Coaches-Gründer Johannes Strassmann sagte einmal in einem Interview: „StarCraft Spieler auf höherem Niveau sind gute Denker. Es geht darum, unter Stress die strategisch richtige Entscheidung zu treffen. Genau diese Fähigkeit ist auch beim Poker gefragt. Es ist wohl die wichtigste Fähigkeit. Poker ist ein faszinierendes Spiel, eine Verzahnung aus Mathematik, Psychologie und Instinkt.“
Damit brachte Strassmann die Faszination von Poker für StarCraft-Spieler auf den Punkt. Der Deutsche war nicht der einzige StarCraft-Spieler, der auch beim Pokern Erfolge feiern konnte.
Star in zwei Welten
Der wohl bekannteste „Wanderer zwischen den Welten“ ist der Franzose Bertrand Grospellier. Er ist seit vielen Jahren als „ElkY“ einer der bekanntesten Pokerspieler der Welt. Grospellier startete seine Karriere als professioneller Gamer. Schnell stieg der Franzose zu einem der besten StarCraft-Spieler der Welt auf. Bereits im Jahr 2001 wurde er bei den World Cyber Games in Seoul Zweiter. Weitere Top-Platzierungen bei der SKY 2 Ongamenet StarLeague, der Ongamenet WarCraft Retail League, bei den Euro Cyber Games und bei den World Cyber Games in San Francisco folgten.
Seit seiner Zeit hat sich viel geändert. ESports ist ein Massenphänomen geworden. Derzeit finden bei StarCraft 2 die „Nation Wars“ statt. Deutschland trifft am Sonntag im Viertelfinale als klarer Favorit auf Frankreich. Bei den Buchmachern auf Betway hat Deutschland eine Siegquote von 1,20 (Stand 27.11), damit zollen die Experten dem Mitfavoriten auf den Titel Tribut. 24 Nationalteams treten bei dem Wettkampf gegeneinander an. Auf das Siegerteam wartet ein Preisgeld von 16.000 Dollar. Die vier besten Teams treffen am 8. Dezember in Frankreich in einem Offline-Finale aufeinander.
Nach seiner StarCraft-Karriere stieg Bertrand Grospellier beim Pokern ein und wurde einer der bekanntesten und erfolgreichsten Spieler weltweit. Der zweifache WSOP-Bracelet-Gewinner holte sich darüber hinaus auch noch jeweils ein Main Event der EPT und der WPT. „ElkY“ lag insgesamt 19 Wochen an der Spitze des Global Poker Index.
Parallelen zwischen StarCraft und Poker
Das Echtzeit-Strategiespiel StarCraft wurde bereits im Jahr 1998 entwickelt. 2010 folgte StarCraft 2 und begeisterte von Beginn an viele Online-Pokerspieler. Der Hype war so groß, dass die Online-Poker-Anbieter sogar einen Rückgang ihrer Spielerzahlen befürchteten. Das Spiel erfordert taktische und strategische Entscheidungen am Fließband. Es kommt daher der Spielweise beim Pokern sehr entgegen. Kein Wunder also, dass die Spieler beider Welten vom jeweils anderen Spiel fasziniert sind.
Grospellier sieht viele Parallelen zwischen den beiden Spielwelten. Dazu zählen seiner Meinung nach der Wille und die Fähigkeit, unter Druck gut zu funktionieren. Das Vorliegen unvollständiger Informationen, technische und strategische Aspekte sowie die Psychologie sind elementare Bestandteile von StarCraft. Die Bewältigung dieser Herausforderungen ist auch beim Pokern wichtig für den Erfolg. Eine perfekt trainierte Hand-Augen-Koordination macht es leicht möglich, mehrere Pokertische gleichzeitig zu spielen.
Vom Spieler zum Trainer
Grospellier und Strassmann waren nicht die Einzigen, die den Umstieg von StarCraft zu Poker geschafft haben.
Dominik Kofert feierte unter dem Nicknamen „Korn“ als StarCraft-Profi große Erfolge. Der Deutsche studierte in Oxford Mathematik und Philosophie und wurde einer der europäischen Pioniere der Pro-Gaming-Bewegung. 2005 gründete er gemeinsam mit dem Schachspieler Matthias Wahls die bekannteste Online-Pokerschule Deutschlands und verkaufte sie 2013 zu einem stolzen Preis. Kofert galt als einer der besten Fixed Limit Hold’em-Spieler Deutschlands.
Lim Yo-hwan war als „Michael Jordan des StarCraft“ bekannt. 2013 verkündete der Superstar der Szene, dass er sich zukünftig nur noch auf das Pokern konzentrieren möchte. Seit 2014 spielt Yo-hwan sowohl live als auch online. Bisher konnte er bei Live-Turnieren rund 200.000 Dollar gewinnen. Sein größter Erfolg war ein zweiter Platz bei der Asian Poker Series Experience Manila.
Sind eSports massentauglich?
Fraglich bleibt, ob eSports so massentauglich werden kann wie Poker. Bei den Preisgeldern hinken die Stars jedenfalls noch deutlich hinterher. Der Südkoreaner Cho „Maru“ Sung Choo führt derzeit die Liste der bestverdienenden Profispieler von StarCraft II an. Er gewann im Zeitraum von 2010 bis 2018 insgesamt rund 695.000 Dollar.
Fakt ist, dass die Popularität von eSports in den letzten Jahren explodiert ist. 2019 wurde sogar der erste deutsche eSports-Sender aus der Taufe gehoben. Zahlreiche Studien beweisen, dass die Gamer mittlerweile ein Millionenpublikum anziehen. Sie werden von ihrem Publikum als Sportler wahrgenommen. Doch im Gegensatz zu „normalen“ Sportarten konsumieren lediglich Gamer die Live-Übertragungen. Noch hat eSports ein Problem damit durchschnittlichen Konsumenten anzusprechen. Gelingt es diese Hürde zu überwinden, dann steht der Massentauglichkeit von StarCraft und Co nichts mehr im Wege.