Im Europa League Viertelfinale trifft die Werkself von Bayer Leverkusen heute um 21:00 Uhr im Lotto Park Brüssel auf Royale Union Saint-Gilloise. Soweit nichts Ungewöhnliches – aber wer und wo ist eigentlich Royale Union St. Gilloise, und wieso steht das Team vor dem Einzug in das EL-Halbfinale? – Die Zweitligamannschaft wurde 2018 vom britischen Multimilliardär Tony Bloom übernommen und ist seitdem in der Erfolgsspur. Seit der Saison 2021/22 ist der Verein aus der Region Brüssel wieder erstklassig und seit dieser Saison auch in der Europa League dabei und das sehr erfolgreich. Wenn ein Multimilliardär, eine Firmengruppe oder ein Scheich ein unterklassiges Team kauft und es mit den nötigen finanziellen Mitteln zum Erfolg führt, ist das nicht wirklich eine Cinderella-Story, und schon längst keine, die viel Begeisterung weckt. – Wenn man allerdings weiß, wer Tony Bloom ist und wie er sein Geld macht, dann lässt die Erfolgsstory aus der Spielvereinigung der Gemeinden Saint Gillis und Vorst aufhorchen. Tony „The Lizard“ Bloom ist Pokerspieler und verdient sein Geld als Chef der Datenfirma „starlizard„, die nach eigener Aussage „die besten Sportvorhersagen der Welt“ macht.
Wer ist Tony Bloom?
Bloom ist als Pokerspieler und erfolgreicher Sportwetter bekannt geworden. Er gehörte schon zu den Spielern der frühen Ausstrahlungen von Late Night Poker und konnte auch im Turnierpoker immer wieder vordere Platzierungen bei großen Turnieren belegen. Im WSOP Tournament of champions belegte er 2005 den 4. Platz, gewann den Poker Nations Cup mit England und wurde Runner-Up hinter Gus Hansen bei der Pokermillion IX. Nach einer dreijährigen Auszeit vom Live Poker kehrte er im September beim Poker Masters zurück an die Tische und gewann direkt das $25.000 PLO Turnier. – Laut seines HendonMob-Eintrages kann Bloom auf Pokergewinne um die 4 Millionen Dollar zurückblicken. – Seit 2009 gehört ihm der englische Club Brighton & Hove Albion, den er mit seinen Methoden 2016/17 nach 34 Jahren wieder in die Premier Legue führte. Anscheinend auf den Geschmack gekommen, übernahm er 2018 den Belgischen Zweitligisten, den er ebenfalls in das Fußballoberhaus zurückführte.
Wer ist Royale Union St. Gilloise?
Den Club as der Hauptstadt-Region Brüssel existiert bereits seit 1897 und konnte bereits 10-mal Belgischer Meister werden, zuletzt allerdings 1935. Danach durchlebte die Spielvereinigung eine Berg- und Talfahrt und konnte zwischen 1965 und 2020 nicht mehr erstklassig spielen. Vor allem durch den deutschen Unternehmer und fortan Vereinsmanager Jürgen Baatzsch konnte Saint-Gilloise sich als Zweitligaverein etablieren, ehe Tony Bloom dessen Mehrheitsanteile kaufte. Präsident ist neuerdings zwar Alex Muzio, der aber ebenfalls Teil von Blooms Starlizard ist. – Nach dem Aufstieg 2021, folgte 2022 die Vizemeisterschaft, die auch zur Champions League-Qualifikation und der Teilnahme an der Europa League berechtigte.
Was macht starlizard?
starlizard ist ein Unternehmen, das auf Daten spezialisiert ist, fast ausschließlich im Sportbereich. Dabei machen sie alles am und um den Sport und Spieler zu Daten und geben so die bestmöglichen Vorhersagen für Spielausgänge an. Dieses Wissen nutzen sie, um Sportwetten am ertragreichsten rund um die Uhr in hoher Frequenz zu platzieren. – Man kann also durchaus sagen, dass starlizard zu jedem Spieler und jeder Spielerin Daten besitzt, die es in der Vielfalt vielleicht nirgendwo anders gibt.
Ein Vorbild könnten hier durchaus Billy Beanes Pionierleistungen im Bereich der Datensammlung und -analyse im Baseball gewesen sein, auf denen auch der Film „Moneyball“ beruht, in dem Prad Pitt den Oakland A’s Manager Bully Beane spielt.
Wie haben sich die Poker- und Sportwettenanalyse bemerkbar gemacht?
Wer jetzt denkt, dass sich Royale Union Sant-Gilloise durch teure Einzeltrasnfers und den Kauf von etablierten Spielern nach oben gespielt hat, sieht sich getäuscht. Vielmehr hat das Bloom-Team durch gezielte Transfers aus unteren Ligen überrascht. Allen Neuverpflichtungen ist eines gemein – sie betonen immer wieder wie überraschend es für sie ist, welche Statistiken Bloom von ihnen vorliegen, und dass er im Prinzip mehr von ihnen wisse als die Spieler über sich selbst.
Beispiele für gezielte Verpflichtungen aus unteren Ligen sind z.B. Deniz Undav, den das Bloom-Management vom Drittligisten SV Meppen nach Saint-Gilloise holte. Undav passte perfekt in das System der Spielvereinigung, schoss den Verein in die 1. Liga und wurde mit 25 Treffern Torschützenkönig.
Ein weiterer Coup ist die Verpflichtung des Nigerianers Victor Boniface, der mit unspektakulärer Torquote und nach Verletzungen vom norwegischen Club FK Bodø/Glimt zu Saint-Gilloise wechselte – mittlerweile ist er Top-Torschütze der Europa League.
Dass es sich dabei um Glücksgriffe handelt wird von allen Seiten ausgeschlossen. Sobald die Datenlage stimmt schlägt der Bloom-Club zu, ganz egal woher die Spieler kommen. So ist es kein Wunder, dass der speziell zusammengestellte Kader aus Spielern aus Luxemburg, Madagaskar oder Malta besteht. Als wohl nächstes Mitglied hat Blooms-Spieleralgorhytmus wohl Henokm Teklab im Blick – und den hat die Datenkrake in Ostwestfalen in der Regionalliga bei Preußen Münster entdeckt.
Und wer kommt heute Abend weiter?
Nach dem 1:1 in Bayer Leverkusen stehen die Chance für den EL-Halbfinaleinzug für den belgischen Vorstadt-Verein nicht schlecht. Guckt man sich die Vorhersagen der deutschen Wettanbieter an, so erhält man für die favorisierten Leverkusener eine Wettquote von 2,00:1, für die trotz Heimrecht als Außenseiter gehandelten Belgier eine Quote von 3,60:1, setzt man auf ein Unentschieden bringt das ungefähr 3,50:1. Ob Tony Bloom bei diesen Quoten laut starlizard-Analyse auf sein eigenes Team setzen würde, wird allerdings wohl sein Geheimnis bleiben.
