I started a joke – but the joke was on me! Das ist ist nicht nur ein Titel der Bee Gees, sondern könnte auch sinnbildlich für das stehen, was Daniil Dubov zusammen mit Ian Nepomniachtchi bei der Blitz-Schach WM im Rahmen den FIDE World Rapid and Blitz Championships (Hochgepokert berichtete) in Samarkand (Usbekistan) abgezogen haben.
Blitz … was?
Die Schnellschach- und Blitz-Weltmeisterschaften sind neben der regulären Weltmeisterschaft die beiden begehrtesten Titel im Schachsport. Nachdem Magnus Carlsen, der im Poker für das Tam unibet startet, seinen Weltmeistertitel im „normalen“ Schach an den Nagel gehängt hatte, sind es diese beiden Titel, auf die es der 17-fache Weltmeister (5 im Schach, 5 im Schnellschach, 6 im Blitzschach, 1 im Chess960) abgesehen hat. Die Bedenkzeit macht den Unterschied aus zwischen den Disziplinen Schach (2 Stunden Bedenkzeit für die ersten 40 Züge), Schnellschach (15 Minuten Bedenkzeit für die gesamte Partie) und Blitzschach (nur 3 Minuten Bedenkzeit für die gesamte Partie). Seit Jahren ist Magnus Carlsen auch hier das Maß aller Dinge und nur selten kommt ihm jemand so bedrohlich nahe, dass ein Titelgewinn in Gefahr wäre. Bei der aktuellen Ausgabe sollte Magnus Carlsen nach dem Schnellschach-Titel auch den im Blitz-Schach gewinnen. Aber hätte er ihn auch gewonnen, wenn sich zwei Kontrahenten sich nicht einen Scherz erlaubt hätten?
Was passierte bei der Blitz Weltmeisterschaft?
Erst einmal passierte nichts Unübliches – denn Magnus Carlsen wurde zum 18. Mal Weltmeister, zum 7. Mal im Blitz. Doch in der elften von 13 Spielrunden des ersten WM-Tages gab es auf auf Brett 2 zwischen den russischen Großmeistern Daniil Dubov (4. der Blitz-Weltrangliste) und Ian Nepomniachtchi (5. der Blitz-Weltrangliste) ein 0:0. Was bei Fußballspielen nicht unüblich ist, ist im Schach regulär nicht möglich, da eine Niederlage 0, ein Unentschieden 0,5 und ein Sieg 1 Punkt gibt. Bei einem 0:0 musste also eine Disqualifikation beider Spieler (ein sogeananntes „forfeit“) vorliegen.
Was haben Dubov und Nepomniachtchi angestellt?
Wer kennt es nicht vom Poker: Da spielt man u.a. mit einem Freund ein Turnier und man möchte sich einfach nicht in die Quere kommen. Weder möchte man ihn aus dem Turnier nehmen, noch selber in Schwierigkeiten durch ihn kommen. Da sind Pocket Jacks oder Ace-Queen schon einmal ein Fold, wo sie gegen andere ein klarer Push wären. Kurzum: Friendly Poker – nicht sehr sportlich, aber nicht verboten.
Ungefähr das haben auch die beiden Russen während der Weltmeisterschaft so gemacht. Absprachen über ein (sehr frühes) Remis sind nicht selten im Schach, jedoch nach einem Minumum an Zügen, alles andere als verboten. Warum war das Unentschieden auf das sich die Spieler einigten also so schlimm, und wurde später nicht gewertet? Am besten schaut ihr euch das wieder der kurzen Partie selber an.
Wer das Video nicht anschauen kann, kann hier auf chess.com noch einmal das offizielle Replay der Weltmeisterschaftspartie ablaufen lassen. (Klickt dazu einfach auf die Grafik oder den Link und dann rechts unten auf den „Play“-Button.)
Haben sie NICHT …!
Doch, das haben sie genauso gespielt mit ihren Springern und sich dann auf ein Remis geeinigt. Keiner der Züge ist irregulär – aber das Hoppe-Hoppe-Reiter wurde vom „Arbiter“ (dem Schiedsrichter) als grob unsportlich gewertet und die Partie damit für beide als „forfeit“ und mit 0:0 anstatt wie geplant mit 0,5:0,5 gewertet. Den genauen Bericht des Arbiters seht ihr hier:
Na und – was sind schon 0,5 Punkte nach 21 Partien?
Jetzt könnte man sagen, dumm gelaufen – der Scherz ist nach hinten losgegangen. Und bei 21 Partien fallen 0,5 Punkte hin oder her ja nicht besonders ins Gewicht, und außerdem wäre Magnus Carlsen ja ohnehin nicht einzuholen gewesen! – Oder, doch?
Wahrscheinlich ahnt ihr es: Am Ende wurde Daniil Dubov nach 21 Partien unter 206 Startern 2. der Blitz Weltmeisterschaft mit 15,5 Punkten, hinter Magnus Carlsen mit … 16! Hätten die beiden Russen sich etwas geschickter angestellt und keinen Scherz aus ihrem (ganz offensichtlich vorher abgesprochenen) Unentschieden gemacht, wäre Daniil Dubov auf Platz 1 der Endrangliste gelandet!
Damit wäre er nicht automatisch Weltmeister gewesen, da Carlsen gleich viele Punkte gehabt hätte – auch wenn Dubov sogar den besseren ersten TieBreaker (dem ersten Wertungkriterium das bei Punktgleichheit angesetzt wird) gehabt hätte. Beide wären dann in ein Stechen gegangen und hätten in darin unter sich den alten oder eben neuen Weltmeister ausgespielt.
Dementsprechend sieht Daniil Dubov bei der Siegerehrung auch nicht sonderlich glücklich über den 2. Platz bei der Blitz-Weltmeisterschaft aus:
Und was wäre passiert, wenn die beiden ohne Absprache – und dann auf Sieg – gespielt hätten?
Hätte einer der beiden russischen Großmeister diese Partie gewonnen, was bei ihrer Spielstärke nicht besonders wahrscheinlich, aber natürlich möglich ist, wäre Nepomniachtchi statt auf Platz 5 der Weltmeisterschaft auf einem geteilten 2. Platz gelandet. Hätte Dubov diese Partie gewonnen, dann hätte der Weltmeister hier nicht zum 7. Mal Magnus Carlsen – sondern zum 1. Mal Daniiel Dubov geheißen.
