Paukenschlag zur WPT Wien. Wir von Hochgepokert.com haben ausführlich darüber berichtet. Für meine treuen Leser werde ich mich in der folgenden Kolumne an eine Interpretation wagen. Nachdem ich innerhalb ein paar Stunden mit Johnnny Luetkenhorst, Charlie Novak und Gerald Riener telefoniert hatte, wusste ich allerdings weniger als vorher. Die Jungs sind zu routiniert, um sich von meiner Columbo-Fragetechnik austricksen zu lassen. Nun, wenn mir keiner wirklich etwas erzählen will, bin ich aufs spekulieren angewiesen. Außerdem liegt die Wahrheit angeblich in den Augen einer schönen Frau. In dem Fall gehören die Augen der wunderbaren Sabrina Cat. Der habe ich tief in dieselbigen geschaut und dann in atemloser Hast, ja fast in Trance, die folgende Analyse geschrieben. Lesen Sie also bitte fünf Szenarien, die sich krass widersprechen, in der Hoffnung, irgendwo und irgendwie richtig zu liegen. Die Prozentangaben zu Beginn der jeweiligen These, entsprechen dem gefühlten Realitätsbezug. – Viel Vergnügen.
0.5% – Das Rückzugsgefecht. Die Concord-Gruppe gibt auf! Man will offen haben, solange es irgendwie geht. Täglich gerüstet für den großen Meteorit. Die Razzia wird kommen und wir werden nicht mehr sein. Fatalismus bis zur letzten Rake-Ernte. – Quasi die mit Abstand unwahrscheinlichste aller Varianten. Peter Zanoni kennt in der Regel keine Angst vor der eigenen Courage. Wenn er einen Weg eingeschlagen hat, geht er den konsequent weiter. Das halbe Prozent ist lediglich der Milde des Alters zugeschrieben. Warum kämpfen, warum streiten, wenn man doch für fünf Generationen ausgesorgt hat? Für uns Liebhaber des Pokersports die mit Abstand schlimmste Variante. Wenn die Concord-Gruppe aufgibt hat die Stunde geschlagen und alle Mitbewerber treffen sich dann am Zentralfriedhof in der Casino-Ecke. Schlimme Zeiten auch für das Team der Berater und Claqueure auf der fetten Paylist der Concord-Gruppe. Die zahlreichen hochqualifizierten Berater müssen die Branche wechseln, oder ins benachbarte Ausland gehen. Dort würden sie zwar mit Handkuss und guter Gage genommen, aber das schönste an Bratislava ist immer noch die Autobahnauffahrt Richtung Wien. Für die höflichen Grinsegesichter, deren einziges Talent darin liegt, immer dem Richtigen recht zu geben, heißt es zurück in die Landdisco Aschenbecher ausleeren.
17% – London Calling und die Feigheit der Großen. Die Concord-Gruppe war gar kein Player in diesem Spiel. Ja sie hatte nicht einmal eine Stimme und wurde nicht gefragt. WPT und Partypoker haben kalte Füße bekommen und die Bedingungen diktiert. Dankbarkeit gibt es in der Branche nicht. Vergessen die europaweite Bedeutung der Concord-Gruppe für Poker insgesamt. Zwanzig Jahre Poker im Herzen Europas haben viel bewirkt, aber große Firmen in der Branche arbeiten nach dem Prinzip, großes Rake für die Spieler, kleines Risiko für die Firma. Vielleicht hat die WPT ja unerfüllbare Garantien verlangt, anstatt rückhaltlose Unterstützung zuzusichern. Wundern würde es mich nicht. Wenn es darum geht über die eigene Nasenspitze etwas für Poker in Europa zu tun, hat man immer schon andere die Arbeit machen lassen. Einer der Gründe, warum ich mich rund um die Uhr mit Pokerstars.Logo fotografieren lasse. Ein Partypoker-T Shirt würde ich nur tragen, wenn Tony G. auf meinem Schoß säße. Weil ich ihn ewig kenne und gut leiden kann.
21% – Die Concord-Gruppe hat selbst die Reißleine gezogen. Bei den Behörden gibt es mehr undichte Stellen, als in meinem dreißig Jahre alten Wohnwagen. (Lesen Sie dazu bitte auch meine Kolumne zur Kultur der Razzien in Österreich, falls Sie das nicht schon getan haben). Irgendwer hat irgendwem irgendwas erzählt und Peter Zanoni hat reagiert. Die Finanzpolizei hat durchaus ihre eitlen Tendenzen und vielleicht war es tatsächlich angedacht beim Main Event der WPT im Montesino einzumarschieren. Nicht zu vergessen, die persönliche Garantie der Concord-Gruppe von Peter Zanoni, dass sich kein Spieler unter keinen Umständen Sorgen um sein Geld, oder um sein Buy-in machen muss. Ein Mann, ein Wort. Wenn auch für den Fall ein sehr teures Wort. Schadensbegrenzung bevor die Polizei zweimal klingt. – Nicht wahrscheinlich, aber mit 21% durchaus im Bereich des Möglichen.
49% – Die Concord-Gruppe ist gerettet. Alles wird gut! Das Arrangement nach österreichischer Lebensart ist ausverhandelt. Die neue Casinogemütlichkeit beginnt ab sofort. Hinter den Kulissen – Würde Sinn machen und wäre ganz nach meiner optimistischen Variante meiner Kolumne „Alle Fragen, alle Antworten – Was passiert mit den österreichischen Cardrooms – Fünf Szenarien“. Die vermeintlich unversöhnlichen Feinde haben das Miteinander entdeckt. Die Concord-Gruppe muss weitere Kompromisse machen, dafür bekommen sie ein informelles OK für die weitere Zukunft. Ferner werden die Klagen beim Verfassungsgerichtshof und andere angestrengten Verfahren realpolitisch nach österreichischer Art berücksichtigt. Der Pokerbetrieb im CCC-Wien und allen anderen Standorten bleibt bis zur Ausschreibung der Pokerlizenz weiterhin verboten, aber um dieses Verbot wird sich nicht weiter gekümmert. Immerhin pendelt ein kleiner Friedensbus zwischen dem Wiener Montesino und dem Grand Casino Baden. Auf den ersten Blick vielleicht nicht mehr als ein Gratistaxi, doch aus historischer Sicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Bei internationalen Großevents wie WPT und EPT lässt man schlauerweise den Casinos Austria den Vortritt, dafür macht die Concord-Gruppe mit den eigenen etablierten Formaten angstfrei weiter und alles wird gut.
12.5% – Nichts von alledem stimmt. Bei jeder meiner Variante liege ich meilenweit daneben. Ich habe nichts begriffen und noch weniger verstanden. Dann allerdings wird es Zeit für mich umzusatteln. Suche nette Landdisco. Hübsche serbische Kellnerinnen kein Nachteil. Habe einige Erfahrungen mit Aschenbecher ausleeren. Jobangebote bitte an schrage@hochgepokert.de. Kennwort: „Veränderung“.
Götz Schrage